„Frage nicht, was dein Bund für dich tun kann. Frage, was du für deinen Bund tun kannst.“
Ombidias, Faktor der Gläubigen der Quelle
Erster Markttag von Savorus, 126 HR
Einmal mehr hatte Lady Erin sich ins Berronar's begeben, um sich mit den anderen Bundmeistern und Erwählten zu treffen. Alle waren sich einig gewesen, dass es nach wie vor zu auffällig wäre, wenn die Oberhäupter so unterschiedlicher Bünde sich alle im Hauptquartier eines derselben träfen. Ein gemeinsames Essen im Berronar's hingegen war – wenngleich nicht völlig unpolitisch – doch eher ein gesellschaftliches Ereignis und somit deutlich unauffälliger. Dies war umso wichtiger als heute auch Bundmeisterin Rhys vom Transzendenten Orden mit Naghûls Frau Morânia dabei sein würde. Erin hatte sich sehr gefreut über die Nachricht, dass auch die Bal'aasi eine der Erwählten war. Denn zum einen mochte sie die Gefährtin ihres Faktotums, zum anderen verstand sie sich auch gut mit ihrer Kollegin Rhys. Und zum dritten waren die Kryptisten mit Sicherheit einer der Bünde, die ihr für eine derartige Allianz am liebsten waren. Die anderen Erwählten waren ebenso wie Bundmeister Terrance bereits eingetroffen. Nun flog die Tür auf, und daran, wie sie geöffnet wurde, erkannte Erin sofort, wer eintreten würde. Natürlich war es Sarin, der in seiner energischen Art den Raum betrat. Naghûl, Jana und Lereia, die der Tür am nächsten gestanden hatten, machten dem Paladin rasch Platz.
„Der Segen der Dame“, grüßte der Bundmeister des Harmoniums und ließ seinen Blick sogleich prüfend durch den Raum schweifen. Erin konnte den Eindruck nicht loswerden, dass er auf diese Weise auch neue Rekruten musterte. Als er erkannte, dass Ambar, Rhys und Morânia noch fehlten, hob er eine Braue. „Und ich dachte, ich wäre spät dran.“
Terrance konnte ein kurzes Grinsen nicht unterdrücken. „Ihr seid doch so gut wie nie spät dran“, bemerkte er, nicht ohne einen Hauch von Amüsement in der Stimme.
Sarin runzelte sogleich die Stirn. „Falls das eine Anspielung auf die gestrige Sitzung in der Halle der Redner sein soll …“
„Aber nein.“ Der Hohepriester hob abwehrend die Hände. „Ich doch nicht.“
Sein Tonfall bei der kleinen Stichelei war dennoch gutmütig genug, um dem Paladin ein kurzes Lächeln zu entlocken.
„Ja, ja.“
Erin warf einen kurzen Seitenblick zu den Erwählten und konnte erkennen, dass alle außer Kiyoshi sich sichtlich Mühe gaben, ein Schmunzeln zu unterdrücken. Sie konnte es ihnen nicht verdenken. Dann trat Sarin auf sie zu und sie reichte ihm die Hand, die er zum Gruß küsste. Auch Terrance kam zu ihr herüber, in seinen Händen hielt er ein kleines Kästchen aus hellem Holz.
„Ich bin vor lauter Begrüßungen noch nicht dazu gekommen“, erklärte er lächelnd. „Aber herzlichen Glückwunsch nochmals zu Eurem Bundmeistertag.“
Sarin nickte sogleich. „Von meiner Seite aus natürlich auch.“
Sgillin runzelte fragend die Stirn. „Bundmeistertag?“
„Der jeweils erste Tag eines Monats in Sigil“, erklärte Terrance dem Halbelfen. „An diesem feiert immer ein bestimmter Bund seine Entstehung und dessen Bundmeister seinen Geburtstag. Und zwar tun wir das unabhängig davon, wann ursprünglich einmal unser Geburtstag war.“
Erin nickte sacht. Ab und an vergaß sie, dass drei der Erwählten in Sigil und den Ebenen noch neu und sehr unerfahren waren.
„Oh.“ Sgillin lächelte und neigte leicht den Kopf. „Na, dann auch von mir noch einmal herzlichen Glückwunsch, Bundmeisterin.“
Die übrigen Erwählten schlossen sich seinen Glückwünschen an, bis auf Naghûl, der ihr natürlich bereits am Vortag gratuliert hatte. Erin nickte lächelnd in die Runde.
„Danke, sehr freundlich.“
Dann sah sie auf das hölzerne Kästchen in Terrances Händen. „Ihr habt ein Geschenk für mich? Das ist ja aufmerksam.“ Sie hatte nicht damit gerechnet, daher war sie von der Geste angenehm überrascht.
Der Hohepriester nickte nur leicht und überreichte ihr die kleine Schatulle. Neugierig öffnete sie den Deckel, und ihr Blick fiel auf feine, längliche Blätter, die auf dem blauen Samt, auf den sie gebettet waren, silbrig schimmerten.
„Oh, meine Güte.“ Sie sah den Bundmeister der Athar erstaunt an. „Ist das wirklich Silberregen?“ Er nickte nur freundlich und ein Strahlen breitete sich über ihr Gesicht aus. „Der ist unglaublich schwer zu bekommen. Danke, Terrance!“
Silberregen war eine Pflanze, die nur im Elysium wuchs und auch dort sehr schwer zu finden war. Als Aufguss eingenommen bewirkten die Blätter, dass man Klänge als Farben und Farben als Düfte wahrnehmen konnte. Zwar erzielten auch manche Drogen diese Wirkung, doch das Besondere am Silberregen war, dass er diesen Effekt hervorrief ohne dabei abhängig zu machen. Er war daher bei Sinnsaten sehr geschätzt. Terrance neigte leicht den Kopf und Erin ließ ihren Blick zu Sarin schweifen. Der erwartungsvolle Ausdruck, den sie hinein legte, war nicht ganz ernst gemeint, sie rechnete nicht wirklich damit, dass der Paladin ein Geschenk für sie mitgebracht hatte. Es war nicht unbedingt üblich, anderen Bundmeistern etwas zu ihrem Jahrestag zu schenken, daher hatte Terrances Geste sie auch überrascht. Sarin hob denn auch fragend die Brauen.
„Was? Ach so ...“ Er nickte, als er verstand. „Ja, ich dachte, ich mache Euch ein ganz besonderes Geschenk, indem ich Euch demnächst mal meine neun Kinder vorbeibringe. Das wird sicher eine ganz großartige Erfahrung für Euch.“
Sie zögerte und fasste ihn bei diesen Worten genau ins Auge. War es ihm ernst? Erstaunlicherweise war sie sich gerade nicht ganz sicher.
„Also ... das wäre wirklich eine neue Erfahrung“, erwiderte sie diplomatisch.
Terrance schmunzelte, als Sarin fortfuhr.
„Ganz sicher. Meine Kindermädchen haben dann frei, Faith und ich gehen ins Theater ... Eine großartige Idee, nicht?“
Nun konnte er ein Grinsen nicht länger verbergen und Erin hob die Brauen.
„Ich … Ihr nehmt mich doch auf den Arm.“
Sarin lachte, offenbar durchaus zufrieden damit, sie kurz verunsichert zu haben. „Ja, stimmt. Aber Ihr habt es mir zugetraut. Gebt es zu, ich habe es Euch angesehen.“
In ihre Erheiterung mischte sich ein gewisses Erstaunen. So offen hatte sie ihren Kollegen vom Harmonium bisher nicht erlebt, und wenngleich ihr diese Lockerheit durchaus gefiel, so kam sie doch überraschend.
Scherzhaft hob sie den Zeigefinger. „Also wirklich, Sarin, ich bin empört.“
Er wurde wieder ein wenig ernster. „Ich habe trotzdem etwas für Euch, aber ich kann es Euch nicht überreichen. Ich erkläre es später.“
Ihre Neugier war natürlich sofort geweckt, doch sie beschloss, die Vorfreude der Überraschung zu genießen und ihn nicht weiter zu fragen. Er hingegen warf nun, wieder ganz in seiner militärisch-strengen Art, einen ungeduldigen Blick zur Tür.
„Wo sind eigentlich Ambar und Rhys?“
Erin seufzte innerlich. Die Uhr zeigte immerhin erst zwei Minuten vor der vollen Stunde an.
Terrance hingegen schmunzelte. „Sie kommen sicher gleich“, meinte er ruhig.
Sarin schüttelte den Kopf und setzte schon zu einer Bemerkung an, schien sich dann aber an etwas zu erinnern und winkte Naghûl zu sich heran. Interessiert beobachtete Erin, wie ihr Faktotum näher trat.
„Bitte, Bundmeister?“ fragte er höflich.
Sarin holte etwas aus der Tasche, einen kleinen, runden, goldenen Gegenstand. „Hier“, sagte er, als er ihn Naghûl überreichte. „Ich schulde Euch noch einen astralen Kompass.“
Mit leuchtenden Augen sah der Tiefling ihn an, als er ihn behutsam zwischen den Fingern drehte. „Das ist aber nicht der, den ich Eurer Tochter gab, Bundmeister.“
„Tut mir sehr leid“, entschuldigte der Paladin sich. „Aber nachdem Daria ihn hatte, war er nicht mehr funktionstüchtig.“
Erin lächelte still. Naghûl hatte ihr von dem Besuch bei Sarin erzählt und auch die Sache mit dem Astral-Kompass erwähnt. Nun winkte er lachend ab.
„Ach, damit musste ich ja rechnen. Vielen Dank für diesen wundervollen Ersatz, Bundmeister Sarin.“
Ehe der Paladin etwas erwidern konnte, öffnete sich nun wieder die Tür – genau zwei Stunden vor Zenit. Ein trat eine Tieflingsfrau, die von einer fremdartigen, dunklen Schönheit war, mit dickem, tiefschwarzem Haar, grauer Haut und rubinroten Augen. All ihre Bewegungen waren fließend und anmutig, sie strahlte Ruhe und Ausgeglichenheit aus. Doch spürte man sofort, dass darunter eine nicht zu unterschätzende Stärke lag. Direkt hinter ihr ging eine schöne, gehörnte Frau mit alabasterner Haut, goldenem Haar und weiß gefiederten Schwingen. Sie bildeten einen bemerkenswerten optischen Gegensatz, der Erin mit ihrem sinnsatischen Sinn für Ästhetik sofort ins Auge stach.
„Rhys“, grüßte sie ihre Kollegin lächelnd. „Schön, Euch zu sehen.“
Die Bundmeisterin der Kryptisten trat ganz in den Raum, ihre Hufe klapperten dabei leise auf dem Marmorboden. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite“, erwiderte sie freundlich.
Auch Morânia betrat nun den Raum und verneigte sich gegen die bereits versammelten Bundmeister, ehe sie zu Naghûl hinüber ging und kurz seine Hand zur Begrüßung nahm. Erin beobachtete, wie ihr Faktotum seiner Frau zulächelte und sie konnte erkennen, wie sehr es ihn noch immer freute, all dies nun mit ihr teilen zu können, es nicht länger vor ihr geheim halten zu müssen.
Rhys hingegen sah sich schmunzelnd um, nachdem sie Terrance und Sarin begrüßt hatte. „Wo ist denn Ambar?“, fragte sie mit einer leisen Erheiterung.
„Wie immer zu spät …“, brummte der Bundmeister des Harmoniums missbilligend.
„Seid nicht so streng, Sarin“, erwiderte Erin reflexhaft. Sie verteidigte Ambar oft aufgrund seiner Verspätungen, hatte aus irgendeinem Grund das Gefühl, hier für ihn Partei ergreifen zu müssen, obgleich sie selber selten zu spät kam. Sie bemerkte Sarins Kopfschütteln und lächelte ihm zu. „Setzen wir uns doch schon einmal.“
Der Paladin nickte knapp und so verteilten sie sich um den großen Tisch in der Mitte des Raumes, um den herum genau elf Stühle aufgestellt waren. Die Erwählten nahmen jeweils neben ihren Bundmeistern Platz, Sgillin zwischen Kiyoshi und Lereia. Lediglich der Stuhl rechts von der jungen Frau war noch leer. Doch glücklicherweise, ehe Sarin zu einem weiteren Kommentar ansetzen konnte, öffnete sich die Tür und Ambar trat ein. Immerhin nur fünf Minuten verspätet, was Erin vollkommen akzeptabel fand – wenngleich sie Sarins Blick entnehmen konnte, dass er das anders sah. Der Barde hob schon im Hereinkommen entschuldigend eine Hand – in der anderen hielt er eine kleine, silberne Schatulle.
„Ich bitte um Verzeihung.“ Rasch näherte er sich dem freien Platz neben Lereia, die etwas verlegen wirkte, als alle Augen sich ihrem charmanten, aber stets verspäteten Bundmeister zuwandten.
„Bundmeister Ambar“, kommentierte Sarin auch prompt. „Wie immer zu spät.“
„Verzeiht.“ Der Halbelf deutete eine Verneigung in die Runde an. „Ich wurde aufgehalten.“ Im Setzen nickte er Lereia lächelnd zu. „Ein schönes Kleid“, bemerkte er, etwas leiser.
Sofort wirkte sie noch verlegener und murmelte ein kaum hörbares „Danke sehr.“
Dann fiel ihr Blick auf die Schatulle in Ambars Händen und sie sah schnell wieder weg. Verwundert hatte Erin die kurze Interaktion beobachtet. Irgendetwas war offenbar zwischen den beiden vorgefallen, und wenngleich sie nicht den Eindruck machten, nicht gut aufeinander zu sprechen zu sein, so fühlten sie sich doch offensichtlich beide ein wenig befangen. Es war nicht allzu auffällig, doch Erins geübter Wahrnehmung entging es nicht. Doch sie konnte vorerst nicht weiter darüber nachdenken, da Sarin nun das Gespräch eröffnete.
„Jetzt, wo endlich alle eingetroffen sind“, erklärte er mit einem Seitenblick zu Ambar, „können wir vielleicht beginnen.“
Der Halbelf nickte. „Gut, was ich sagen …“
„Ich halte“, redete der Paladin unbeirrt weiter, „angesichts dieser Runde eine Tagesordnung und ein paar Gesprächsregeln für sinnvoll.“
Erneut hob Ambar abwehrend die Hände. „Jawohl, Herr.“
Sarin warf ihm einen tadelnden Blick zu. „Ambar …“
Terrance konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während Rhys dem Paladin beschwichtigend zunickte.
„Sarin hat Recht, nehme ich an.“ Sie lächelte etwas. „Nicht, dass es endet wie die gestrige Sitzung.“
„Na ja“, warf Ambar ein. „Immerhin ist Karan nicht da ...“
„Da muss ja der Bär gesteppt haben“, murmelte Sgillin.
Sarin wandte ihm den Kopf zu. „Diese Umschreibung ist mir fremd, trifft aber womöglich ziemlich genau den Punkt.“ Sgillin grinste kurz und der Paladin richtete die nächsten Worte wieder an die gesamte Runde. „Nun gut. Ich schlage vor, wir sprechen zuerst über die Sache mit den Erleuchteten. Ich gebe einen Bericht über die aktuelle Situation der Zitadelle auf der Feuerebene. Außerdem sollten wir über das weitere Vorgehen wegen der Opfer dieses Planes Ewige Grenze reden ... und bezüglich der Prophezeiung. Andere Punkte?“
Erin musste schmunzeln, als Ambar sich meldete wie ein Kind in der Schule.
„Ja?“ fragte Sarin sachlich.
Der Barde ließ die Hand sinken. „Nennt den Punkt Seelenfrage.“
„Seelenfrage?“ Erin hob interessiert die Brauen.
Dass Lereia sich bei Ambars Worten kurz auf die Unterlippe gebissen hatte, war ihr nicht entgangen. Als sie zu ihr sah, senkte die junge Frau verlegen den Blick, und Erins Eindruck, dass hier etwas zwischen den beiden vorgefallen war, verstärkte sich.
„Aha“, bemerkte Sarin stirnrunzelnd. „Sehr ominös.“
Ambar hob unschuldig die Schultern, blickte dann zu Rhys und Morânia, wie um sogleich wieder von seinem gerade genannten Punkt abzulenken. „Aber als erstes sollten wir die beiden Neuzugänge in unserer Runde begrüßen.“
„Da habt Ihr Recht“, stimmte Sarin zu und neigte leicht den Kopf in Richtung der beiden Kryptistinnen.
„Danke.“ Rhys nickte in die Runde. „Obwohl ich einen Teil all der Ereignisse betreffend die Prophezeiung gesehen habe, als ich mit der Kadenz der Ebenen in Verbindung stand, überrascht es mich dennoch, Morânia und mich nun in dieser Runde zu sehen, das muss ich zugeben.“
Terrance lächelte freundlich. „Na, mit uns hier habt Ihr es doch ganz gut getroffen.“ Er sah kurz zu Sarin, und eine Spur von Ironie mischte sich in seine Stimme. „Denke ich.“
Der Paladin hatte dies offenbar durchaus bemerkt, denn er hob eine Braue und schüttelte leicht den Kopf, sagte aber nichts dazu. Rhys warf beiden Männern ein warmes Lächeln zu.
„Ich will mich nicht beklagen.“ Dann sah sie zu der neben ihr sitzenden Morânia. „Dies ist Morânia von Wolkenfels. Die anderen Erwählten kennen sie bereits, ebenso wie Erin. Sie ist Meisterin des Herzens in unserem Bund und ein Paladin des Morgenfürsten.“
Sarin nickte zufrieden bei dieser Vorstellung, während der Bundmeister der Athar souverän über den religiösen Aspekt hinwegging und Morânia mit freundlichem Interesse musterte.
„Ihr seid eine Bal'aasi, nicht wahr?“, fragte er höflich.
„Das stimmt, Bundmeister“, bestätigte Morânia. „Enkelin einer Deva und einer Succubus.“
Terrances Lächeln war warm und offen. „Sehr spannend“, stellte er freundlich fest.
Es war Morânia offenbar nicht unangenehm, von allen Anwesenden gemustert zu werden, und Erin vermutete, dass sie bereits an solche Situationen gewohnt war, dass es ihr des Öfteren so ging. Bal'aasi waren selbst in Sigil kein alltäglicher Anblick, zu selten war die Mischung aus himmlischem und scheusalhaftem Blut.
„Von Morânias Fähigkeit habt Ihr alle ja schon Kenntnis“, bemerkte Rhys, offenbar eine Feststellung und keine Frage.
Erin nickte. „Das könnte sehr praktisch werden, sollte man sie irgendwie steuern können.“ Dann sah sie wieder in die Runde. „Ehe wir anfangen, meine Frage an die Erwählten: Ist nach der Sache auf der Feuerebene noch etwas passiert, von dem wir alle wissen sollten?“
„Bei mir nicht“, verneinte Sgillin sogleich, doch Jana meldete sich ein wenig zögernd zu Wort.
„Ja, also ... wir hatten ja dieses merkwürdige Erlebnis in Morânias Haus. Als Kiyoshi das Wort in der Alten Sprache sprach und wir dann überall Blut sahen. Also, überall im Haus. Nicht reales, aber … also, altes Blut, das früher einmal vergossen wurde.“
Wie so oft verhedderte sie sich ein wenig in ihren Worten, doch Erin war dank ihres Faktotums im Bilde. Sie nickte ernst.
„Ja, Naghûl berichtete es. Auch, dass die Blutflecken nach zwei bis drei Stunden dann wieder verschwanden.“
„Genau“, bestätigte Jana. „Aber nicht nur die. Ich hatte das Wort, das Kiyoshi gerufen hatte, direkt notiert, in meinem Notizbuch. Das weiß ich mit Sicherheit. Aber es ist einfach von der Seite verschwunden, wie ausgelöscht. Ich kann mich … auch nicht mehr daran erinnern, obwohl ich mich sehr bemühte, es mir zu merken. Ich weiß nur noch, dass es furchterregend war und mich verängstigt zurückgelassen hat …“
„Das liegt daran, dass es die Alte Sprache ist“, erklärte Terrance sachlich. „Man kann sie weder lernen noch niederschreiben.“
Ambar stellte die silberne Schatulle nun vor sich auf dem Tisch ab. „Was genau meint Ihr mit vergangenem Blut?“
„Es waren Flecken von Blut, das einmal in meinem Haus vergossen wurde“, erklärte Morânia. „Drei konnte ich zuordnen, aber zwei waren mir fremd. Diese müssen entstanden sein, ehe ich dort wohnte.“
„Hm.“ Sarin runzelte die Stirn. „Ich werde in unseren Archiven suchen lassen, ob wir Aufzeichnungen über Verbrechen dort haben.“
„Gerne“, erwiderte die Bal'aasi. „Meine Adresse ist …“
„Ich kenne Eure Adresse“, erwiderte der Paladin mit einem leichten Schmunzeln.
„Ich ...“ Morânia sah ihn mit einer Mischung aus Anerkennung und Unbehagen an, die Erin gut nachvollziehen konnte. „Natürlich. Sehr umsichtig von Euch ...“
„Das ist meine Aufgabe“, antwortete Sarin höflich, dann sah er zu Kiyoshi. „Könntet Ihr das wieder tun? Hier? Jetzt?“
Erschrocken riss Jana die Augen auf, und auch die anderen sahen den Paladin erstaunt bis alarmiert an. Kiyoshi, der sonst seine Gefühle meist recht erfolgreich versteckte, konnte nun eine gewisse Besorgnis nicht verbergen.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte er schließlich ernst und nach einigem Überlegen. „Ich hielt es nicht für ratsam, mit diesen Mächten zu spielen und habe es daher nicht mehr ausprobiert. Wenn Ihr es mir aber befehlt, ehrwürdiger Bundmeister Sarin-gensui, will ich es versuchen.“
Erin vermutete, dass dies ein verzweifelter Versuch war, seinem Bundmeister auf möglichst höfliche Weise davon abzuraten. Sarin schüttelte auch sogleich beruhigend den Kopf.
„Schon gut. Ich sage nicht, dass Ihr es sollt. Aber ob Ihr es jederzeit könntet, wäre durchaus interessant.“
Rhys hatte Kiyoshi interessiert gemustert, und nun wurde der Blick ihrer roten Augen noch intensiver, forschend, auf eine fast unheimliche Art eindringlich. „Überlegt nicht“, sagte sie ruhig. „Tut es oder tut es nicht.“
Erin schmunzelte innerlich, als die Bundmeisterin der Kryptisten ihre Bundphilosophie darlegte, doch Sarin hob alarmiert die Brauen.
„Rhys …“
Sie wandte ihren Blick von Kiyoshi ab und lächelte dem Paladin zu. „Eure Soldaten sind zu verkopft, Sarin. Habe ich Euch das jemals gesagt?“
„Mehr als einmal“, entgegnete der Paladin seufzend.
Rhys nickte, scheinbar zufrieden, dass er sich erinnerte und ließ ihren Blick dann kurz über die Erwählten schweifen. „Eure Fähigkeiten scheinen sich sehr intuitiv zu entwickeln“, stellte sie fest. „Das ist eigentlich ideal.“
„Ich fände es besser, wenn wir das kontrollieren könnten“, widersprach der Bundmeister des Harmoniums ihr prompt.
„Ach, Sarin“, erwiderte Rhys, sanft, fast nachsichtig, als spräche sie zu einem uneinsichtigen Kind. „Immer wollt Ihr alles kontrollieren.“
„Ganz recht“, entgegnete der Paladin knapp.
Erin musste schmunzeln ob dieses kurzen Schlagabtausches und setzte schon zu einer Bemerkung an, als sie sah, dass sich der ihr gegenüber sitzende Ambar nun straffte und offenbar einen Ruck gab. Daher schwieg sie und sah gespannt zu ihm hinüber.
„Also, da wir nun gerade beim Thema der Gaben sind“, erklärte der Barde mit einem leichten Seufzen, „würde ich meinen Punkt nun doch gerne vorziehen.“
Erneut fiel Erin auf, dass Lereia mit einem gewissen Unbehagen zu ihrem Bundmeister sah. Vielleicht würde sich nun endlich klären, was da zwischen den beiden in der Luft hing.
Sarin nickte seinem Kollegen zu. „Bitte sehr.“
Ambar atmete einmal tief durch und deutete dann auf die silberne Schatulle, die vor ihm auf dem Tisch stand. „Da drin ... Also, ich weiß, wie das nun klingt, aber da drin ist ein Teil meiner Seele. Lereia und ich sind uns sicher.“
Erin blinzelte kurz. Hatte sie sich verhört? Hatte er das gerade wirklich gesagt? Sie fasste ihn genauer ins Auge, doch Ambars Haltung, Tonfall und Gesichtsausdruck machten deutlich, dass er nicht scherzte.
„Das ist nicht Euer Ernst ...“, bemerkte Erin dennoch skeptisch.
Der Barde fuhr sich ein wenig verzweifelt durch das rote Haar. „Ähm, ich fürchte doch. Das passierte versehentlich“, fügte er dann rasch hinzu, ehe er zu Lereia sah. „Berichtet doch bitte kurz davon.“
Die junge Frau räusperte sich, und sie wirkte nicht so ruhig und gelassen wie sonst. Das Thema schien ihr mehr als unangenehm zu sein. Ambar nickte ihr aufmunternd zu und Erin konnte sehen, wie Sgillin seiner Gefährtin beruhigend eine Hand auf den Oberschenkel legte. Lereia nickte, setzte sich ein wenig aufrechter hin und berichtete dann. Ihre Stimme zitterte leicht, als sie erzählte, wie sie kraft ihrer Gabe ein Stück von Ambars Seele ergriffen und heraus gerissen hatte. Erin konnte kaum fassen, was sie hörte, sie verspürte bei der Erzählung eine Mischung aus Faszination, Schrecken und Neugier, die ihr als Sinnsatin wohl vertraut war, und ein kurzer Blick zu Naghûl sagte ihr, dass es ihrem Faktotum ebenso ging. Immer wieder sah sie auch zu Ambar hinüber, der bei der Erinnerung an die Ereignisse auch nicht gerade glücklich wirkte. Als sie geendet hatte, blickte Lereia ein wenig verzweifelt in die Runde.
„Ich …“ Ihre Stimme wurde trotz ihrer offenbar noch aufgewühlten Gefühle wieder fester. „Ich wollte ihm niemals weh tun und es gewiss nicht so weit kommen lassen. Ich wusste ja auch gar nicht, was passieren würde. Es geschah so plötzlich und war so stark … selbst durch die jahrelange Übung und Beherrschung meines Geistes nahm es überhand.“
„Lereia konnte nichts dafür“, stellte Ambar klar. „Ich war einverstanden mit dem Versuch, und ich habe sie auch ermutigt.“
Die junge Frau warf ihm ein dankbares Lächeln zu, ehe sie sich wieder an alle wandte „Dahingehend gebe ich Kiyoshi Recht, was unsere Fähigkeiten angeht. Natürlich müssen wir lernen, sie zu kontrollieren, aber wer weiß, wie hoch der Preis dafür ist.“
Sarin maß Lereia mit einem Blick, für den Erin ihn am liebsten geradeheraus ermahnt hätte. Wirklich, die junge Frau war verzweifelt und verwirrt genug durch die ungewollten Ereignisse. Musste er sie da noch mustern, als würde er sie gleich verhaften wollen? Terrance war bei der Erzählung sehr ruhig geblieben und hatte nicht überrascht gewirkt, daher ging Erin davon aus, dass Ambar ihm bereits davon berichtet hatte. Rhys hingegen hatte sowohl Ambar als auch Lereia eingehend beobachtet und deutete nun auf die Schatulle.
„Und da drin ist nun ein Teil Eurer Seele?“
Lereia warf ihrem Bundmeister bei dieser Frage einen gequälten Seitenblick zu, sie wirkte fast wie eine Schuldige, die um Vergebung suchte. Ambar nickte ihr aufmunternd zu und wandte sich dann an Rhys.
„Ja, dieser von Lereia abgetrennte Teil ist da drin, in Form von Goldstaub und Birkenlaub.“
„Bei der Dame ...“ Erin spürte, wie die Faszination den Schrecken zu überlagern begann. Sie sah zu Lereia. „Könntet Ihr das bei mir auch versuchen?“ Sie konnte einfach nicht anders, sie musste es fragen.
„Nein!“, vernahm sie sofort Sarins volle, energische Stimme gegenüber, und Lereia schaute sie erschrocken an.
„Nein“, erwiderte auch die junge Frau abwehrend. „Nein, das möchte ich nicht. Ambar kann Euch sicher sagen, wie schmerzhaft es war. Ich würde nie jemandem absichtlich weh tun, außer es geschieht in Notwehr.“
Es war Erin bewusst, wie verrückt, gefährlich und … nun ja, sinnsatisch der Vorschlag klang. Die Versuchung war eindeutig da, aber auch eine gewisse Vorsicht, die der rationalere Teil ihres Selbst nun einfließen ließ. „Schon gut“, beschwichtigte sie. „Es ist nicht so, dass ich meine Seele verlieren will. Aber ein Stück der eigenen Seele ... in den Händen zu halten ...“ Sie blickte auf ihre Handflächen. „Meine Güte, das wäre ...“
„Eine tolle Erfahrung?“, fragte Sgillin mit einem Grinsen.
Sie schmunzelte etwas ertappt, doch Sarin zog kopfschüttelnd die Augenbrauen zusammen.
„Das wäre völlig indiskutabel!“, erklärte er harsch und etwas lauter als zuvor. „Ich verbiete es! Schluss!“
Sein Tonfall veranlasste sie, warnend die Brauen zu heben. Wollte er ihr tatsächlich Vorschriften machen, einer anderen Bundmeisterin? „Euer Verhalten ist alles andere als ritterlich“, stellte sie tadelnd fest.
Sarin seufzte und atmete tief durch. „Ich bitte um Vergebung, Lady Erin. Aber ich mache mir Sorgen, dass Ihr irgendwelche Verrücktheiten in Betracht zieht.“
Nun, diese Sorge war nicht ganz von der Hand zu weisen, das musste sie ihm leider zugestehen. So ließ sie sich durch seine Entschuldigung rasch wieder besänftigen und hob die Hände. „Schon gut. Ich warte, bis Lereia das besser kann.“
Die junge Frau wirkte bei dieser Bemerkung nicht gerade glücklich und Ambar kam ihr zu Hilfe.
„Ich möchte es im Moment auch nicht empfehlen“, erklärte er ernst. Als er einen noch immer skeptischen Blick von Sarin auffing, wölbte er die Brauen. „Ihr glaubt mir wohl nicht?“
„Das habe ich nicht gesagt ...“, erwiderte der Paladin, um einen diplomatischen Tonfall bemüht.
Ambar schob ihm mit einem Anflug von Verärgerung die Schatulle hinüber. „Da bitte! Seht es Euch an. Nur zu.“
Sarin warf dem Barden einen längeren Blick zu, dann zog er die Schatulle zu sich heran und öffnete sie. Er blickte eine Weile hinein, klappte sie wieder zu, schob sie zurück und sah den Halbelfen kopfschüttelnd an, mit einer Mischung aus Missbilligung und Belustigung. „Ha ha.“
Ambar runzelte die Stirn. „Was ha ha?“ Er zog die Schatulle wieder zu sich und öffnete sie. Dann sprang er erschrocken auf. „Wo ist sie?“
Lereia weitete die Augen und beugte sich etwas vor, um in die Schatulle zu sehen. Sarin hingegen hob lediglich vielsagend die Brauen.
„Nein!“ rief Ambar, aufrichtig entsetzt. „Sie war da drin! Wirklich!“ Er wandte sich an den Bundmeister der Athar. „Terrance, bitte sagt es ihnen!“
„Ja, es stimmt“, bestätigte Terrance mit einem besorgten Blick auf die offenbar leere Schatulle. „Ich habe es gesehen. Und ich habe etwas gespürt, auch wenn ich nicht sicher bin, was. Es ist etwas dran an dem, was Ihr sagt, ganz bestimmt.“
„Dann … ist es vielleicht wie bei dem Blut nicht von Dauer?“, fragte Jana vorsichtig.
Ein hoffnungsvoller Funken trat in Lereias Augen. „Aber ... ist sie dann wieder bei ihm?“
Rhys drehte sich ein wenig auf ihrem Stuhl und musterte den Bundmeister der Göttermenschen eingehend. „Nein ...“ stellte sie dann ruhig fest. „Nein, sie ist nicht bei Euch.“
In Ambars grünen Augen lag ein gewisses Unbehagen. „Rhys, Ihr macht mir Angst.“
„Mir auch“, bemerkte Lereia leise, mit einem Anflug von Panik im Blick.
Teils unschlüssig, teils besorgt, teils skeptisch starrten sie nun alle den Barden an, der seinerseits die leere Schatulle ansah. Überraschenderweise meldete sich als erster der meist stille Kiyoshi zu Wort.
„Verzeiht, wenn ich Mutmaßungen anstelle“, sagte er. „Doch es scheint, als gäbe es momentan nur zwei Möglichkeiten: Entweder, dieser Teil der Seele des Bundmeisters ist an einem anderen Ort oder verloren.“
„Verloren kann eine Seele nicht sein“, erklärte Terrance ruhig. „Nur an einem anderen Ort.“
„Ich würde von dem wahrscheinlichsten Fall ausgehen“, warf Naghûl ein. „Sie ging zu ihrer Bestimmungsebene.“
Auf diese Bemerkung hin sah Terrance zu den anderen Bundmeistern. „Auch wenn es nicht gesichert ist, wir sollten davon erzählen.“
„Ich halte es für gesichert“, erwiderte Rhys. „Ich bin davon überzeugt.“
Erin nickte sacht. Sie wusste, wovon ihre Kollegen sprachen, und auch sie hielt die Theorie für plausibel und glaubhaft.
Ambar verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. „Erzählt es, Terrance.“
Auch Sarin nickte, und so verschränkte der Hohepriester die Finger ineinander und schlug ein Bein über das andere, ehe er mit seinen Ausführungen begann.
„Sigil ist in vielen Gesichtspunkten außergewöhnlich“, erklärte er. „Götter dürfen nicht hinein. Seelen dürfen nur unter bestimmten Umständen hinaus. Seelen können Sigil nur verlassen in einem Körper - oder wenn jemand stirbt und der Leichnam innerhalb einer bestimmten Zeitspanne durch ein Portal geschickt wird. Ansonsten bleibt die Seele in Sigil. So zumindest lautet eine uralte Legende, die nur sehr wenigen bekannt ist. Sprich, die Seelen unbestatteter Leichname verweilen in Sigil. Wir wissen nicht genau, wohin sie gehen, aber es gibt Hinweise, dass es etwas mit der Göttermaschine zu tun hat. Ambar ist ein Sonderfall, aber ohne Körper wie auch ohne Bestattung müsste der abgetrennte Teil seiner Seele demnach hier geblieben sein.“
Als er sah, dass die Erwählten seinen Worten teils gespannt, teils verwundert, teils ungläubig lauschten, machte er eine kurze Pause, wahrscheinlich um ihnen die Gelegenheit zu geben, das Gehörte erst einmal zu sortieren.
Ambar blickte unterdessen zu Rhys. „Ihr seid sicher, dass sie nicht wieder bei mir ist? Meine Seele?“
„Blickt in Euch selbst“, erwiderte die Bundmeisterin der Kryptisten ruhig. „Und Ihr werdet es wissen.“
Mit einem resignierten Seufzen ob der für Rhys so typischen geheimnisvollen Antwort lehnte Ambar sich zurück und starrte einmal mehr auf die silberne Schatulle.
Sgillin trommelte nachdenklich mit den Fingern auf der Tischplatte. „Vielleicht treiben die Seelen die Maschine an ...“
Erin nickte. „Wer weiß? Wenn die Dame Macht über Götter hat, warum dann nicht auch über Seelen?“
„Deswegen“, erklärte Sarin, „gibt es in Sigil keine Friedhöfe. Und deshalb wird im Käfig so viel Aufhebens darum gemacht, dass alle Leichname in die Leichenhalle kommen und durch Portale geschickt werden. Selbst wenn fast niemand genau weiß, warum wir alle so viel Wert darauf legen. Viele halten es einfach für eine Tradition.“
„Weiß jemand eine Möglichkeit, eine Seele wiederzufinden?“, fragte Lereia vorsichtig. „Wenn sie noch in Sigil ist?“
„In der Vergangenheit wurde es wohl ab und zu versucht“, wusste Terrance. „Es gibt - sehr bruchstückhafte - Quellen darüber, dass die Seelen zu besonderen Knotenpunkten oder Kraftzentren wandern. Es ist aber nicht klar, wo genau diese sich befinden.“
„Garstig ...“, murmelte Naghûl.
Die neuen Erkenntnisse über das Zusammenspiel von Sigil und den Seelen seiner Bewohner hatten Lereia offenbar in eine gewisse hoffnungsvolle Aufregung versetzt „Vielleicht kann ich den abgetrennten Teil von Ambars Seele wahrnehmen?“, überlegte sie. „Wie eine Witterung? Aber das würde wohl nur in unmittelbarer Nähe funktionieren.“
Terrance nickte. „Ja, das ist anzunehmen. Vor allem, da es sich wohl wirklich nur um einen kleinen Teil handelt. Sonst würde Ambar nicht so normal hier sitzen.“
„Danke, Terrance“, murmelte der Halbelf mit Blick auf die leere Schatulle.
Prompt wirkte Lereia wieder niedergeschlagener. „Es tut mir so leid“, sagte sie leise.
Der Barde lächelte ihr ermutigend zu. „Es ist dumm gelaufen. Aber wie gesagt, Ihr könnt nichts dafür. Das meine ich ernst. Und wer weiß ... vielleicht hat es einen tieferen Sinn?“
Dies war einer der Wesenszüge, die Erin seit jeher an ihrem Kollegen Ambar schätzte: seine Fähigkeit, in möglichst allem etwas Positives zu sehen und sich niemals unterkriegen zu lassen.
Sgillin war unterdessen eine neue Idee gekommen. „Oder jemand spendet einen Teil seiner Seele“, schlug er vor. „Wir warten, bis sie verschwindet und verfolgen sie dann mit Lereias Gabe.“
Lereias Kopf bewegte sich ruckartig zu Sgillin. „Nein“, sagte sie entschieden.
Auch Ambar schüttelte den Kopf. „Also, ich würde schon sehr darauf brennen, meine Seele wiederzufinden. Aber ich möchte auf keinen Fall, dass andere dabei ihre Seelen gefährden.“
„Richtig“, stimmte Sarin ihm zu, zwischen dessen Augenbrauen sich eine Falte gebildet hatte. „Wir wissen nicht, welche Folgen das haben könnte. Dieses Seelengespiele hört jetzt mal auf!“
Sein energischer Tonfall und finsterer Blick erstickten jede weitere Diskussion darüber, und diesmal sagte Erin nichts. So ungern sie es bei diesem faszinierenden Thema zugab, aber er hatte Recht. Das Experimentieren mit einer Seele mochte vielleicht sogar für die Sinnsaten einen Schritt zu weit gehen. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Naghûl den astralen Kompass aus der Tasche holte, den Sarin ihm gegeben hatte. Er drehte ihn zwischen seinen schlanken Fingern und musterte ihn von allen Seiten.
„Man bräuchte vielleicht einen Seelenkompass ...“, überlegte er.
Hoffnungsvoll sah Lereia ihn an und dann zum Bundmeister der Athar. „Wäre so etwas möglich?“
Terrance wiegte den Kopf. „Mir ist nicht bekannt, dass es so etwas gibt, werte Lereia. Was aber natürlich nicht heißen muss, dass es nicht existiert. Hm …“ Er legte den Finger an die Lippen. „Das ist ein sehr interessanter Ansatz. Darüber muss ich nachdenken.“
Er sagte nichts weiter dazu, aber Erin war sicher, dass ihm gerade eine Idee gekommen war, die er weiter verfolgen würde. Da das Seelenthema vorerst abgeschlossen schien, ergriff sie nun das Wort zu einem der anderen Punkte.
„Vielleicht berichte ich nun, was wir über die Erleuchteten herausgefunden haben. Es handelt sich bei ihnen um eine Sekte, die Seuchentod ansässig ist, der Torstadt zur Abyss. Sie glauben, ähnlich wie die Gläubigen der Quelle, dass es einen göttlichen Funken gibt. Sie glauben aber nicht, dass alle Wesen ihn besitzen, sondern nur ein paar wenige Auserwählte.“
Missbilligend zog Ambar die Brauen zusammen. „So ein Unsinn. Jeder hat ihn! Elitärer Blödsinn ...“
Erin nickte ernst. „Und diese elitäre Einstellung macht sie durchaus gefährlich. Sie denken, sie selber hätten diesen Funken und alle anderen seien minderwertig. Daher dürfe man sie unterdrücken. Ihr Anführer ist ein Mann namens Marvent - jener, der auch die Briefe an Toranna schrieb. Ihre Basis in Seuchentod scheint recht stark zu sein. Zumindest haben sie offenbar so einige Mitglieder.“
„Seuchentod ...“, überlegte Naghûl. „Gibt es dort nicht eine neue Erzlektorin, laut SIGIS“?
„Das stimmt“, bestätigte Sarin. „Eine Frau mit celestischem Blut. Sarshán Krahav.“
Erin sah, wie Morânia bei der Erwähnung des Namens die Gesichtszüge entgleisten „Bitte?!“
„Ihr kennt die Frau?“, fragte Terrance sachlich.
„Ja“, erwiderte Morânia finster. „Sie stammt von einer Materiellen Welt namens Ravnica und war ein paar Mal auf der Insel, auf der ich mich derzeit oft aufhalte. Ich finde sie ... zwiespältig, milde ausgedrückt.“
„Da sie nun Erzlektorin ist, hat sich Euer Eindruck wohl bestätigt“, bemerkte Rhys ruhig.
„Was genau ist eine Erzlektorin?“, warf Lereia ein, und Sgillin und Kiyoshi nickten zustimmend zu ihrer Frage.
„Ihr wisst, was die Torstädte sind?“, fragte die Bundmeisterin der Kryptisten freundlich.
Lereia nickte. „Ja. Ist sie so etwas wie eine Bürgermeisterin dort?“
„Genau“, bestätigte Rhys. „Jede Torstadt wird auf irgendeine Weise regiert. Durch eine einzelne Person, einen Rat oder dergleichen. Der Titel des Erzlektors ist einzigartig und bezeichnet das Oberhaupt von Seuchentod.“
Erin lehnte sich wieder in ihrem Stuhl zurück. „Vielleicht kann man mit ihr in vorsichtigen Kontakt treten, um mehr über die Erleuchteten zu erfahren. Möglicherweise sind sie ihr auch ein Dorn im Auge – aber nur möglicherweise … Ich fürchte, das ist erst einmal alles, was ich über diese Sekte berichten kann.“
Rhys nickte sacht und wandte sich dann Sarin zu. „Darf ich fragen, wie es um die Festung auf der Feuerebene steht?“
Der Paladin seufzte tief. „Bundmeister Skall hat mir einen Besuch abgestattet ... Auf den ich gut und gerne hätte verzichten können.“
„Ach wisst Ihr“, meinte Terrance, nicht ohne einen gewissen Zynismus. „nachdem Ihr schon eigenmächtig die Mitglieder anderer Bünde auf derartige Missionen schickt, finde ich das nur gerecht.“
Sarin warf dem Bundmeister der Athar einen stechenden Blick zu. „Mit etwas mehr Disziplin hätten Eure Mitglieder vorher vielleicht Euer Einverständnis eingeholt.“
„Oh, meine Herren, bitte.“ Rhys hob beschwichtigend die Hände. „Das Entscheidende ist doch, dass die Mission erfolgreich war, hm? Also, was hat Skall gesagt?“
Sarin schnaubte. „Er sagte, dass er unerfreut über unser Eindringen in sein Hauptquartier ist. Dass er uns eine Menge Ärger bereiten könnte - was er natürlich nicht wolle, so emotional sei er nicht. Dass er aber erwarte, eine Gegenleistung als Ausgleich zu erhalten, namentlich vom Harmonium, das er - oh Wunder - in der Hauptverantwortung sieht.“
Ambar konnte ein leichtes Schmunzeln beim Bericht des Paladins nicht unterdrücken und Sarin warf ihm einen kurzen Seitenblick zu, ehe er fortfuhr.
„Skall hat ein paar seiner Leute, unter anderem diese Zamakis, noch einmal in die Festung geschickt, um die Lage zu erkunden. Es hat daher dann nicht weiter verwundert, dass bei unserem Eintreffen die Festung verlassen war und alle wichtigen Dokumente verschwunden. Skall bat mich, die Sache insofern zu erledigen, als ich ihm die Festung vom Hals schaffe, da er etwas Derartiges nicht quasi vor der Haustüre haben will. Ein kleiner Trupp unter der Leitung meiner Adjutantin Amariel hat sich darum gekümmert. Sie haben die Stabilisierungskristalle zerstört, woraufhin die Festung vom Standort des Portals, das ursprünglich nie Teil von ihr war, weg gedriftet ist. Dabei wurden auch vier Gefangene gerettet, die sich noch in der Festung befunden hatten: ein Halbork namens Alvion, eine Tieflingsfrau namens Shill, ein Mensch namens Clarent und ein Gnom mit Namen Ulfwald. Sie alle hatten bereits das Mal hinter dem rechten Ohr und waren offensichtlich der Prozedur bereits unterzogen worden.“
Als er seinen Bericht beendet hatte, nickten die anderen, und man konnte ihnen anmerken, dass sie froh waren, die Sache mit der Festung der Erleuchteten erledigt zu wissen, trotz aller Differenzen, die der eine Bund mehr, der andere weniger ab und an mit dem Harmonium haben mochte.
„Bedauerlich, dass die Dokumente uns durch die Finger geglitten sind“, bemerkte Rhys, sachlich, ohne die Spur eines Vorwurfes. „Aber was ist mit jenen Aufzeichnungen, die die Erwählten bereits mitgebracht hatten?“
„Die haben Ambar und ich uns angesehen“, erklärte Terrance. „Ein Teil davon sind detaillierte Aufzeichnungen der Magierin Imogen. Es geht um Geistesbeeinflussung durch Psionik in Verbindung mit Alchemie. Außerdem gab es noch einen weiteren Brief von Marvent an Imogen. Darin wird erneut erwähnt, dass das Projekt Ewige Grenze gute Fortschritte gemacht hat und bald höherrangige Bundmitglieder entführt werden können. Dass er sich aber um wichtige Dinge in Seuchentod kümmern muss.“
Erin spürte, wie in ihr ein gewisser Ärger über die Arroganz dieser Leute hochstieg „Höherrangige Bundmitglieder entführen. Die haben Nerven …“
„Euch dürfte das sogar direkt betreffen“, bemerkte Sgillin so sachlich wie möglich.
„Ja“, erwiderte Erin ernst. „Sehr direkt sogar.“ Dass ihr Gefährte Da'nanin auf der Liste der Zielpersonen stand, hatte sie nicht vergessen und verstärkte natürlich ihren Ärger, aber auch ihre Sorge.
„Das führt direkt zur nächsten Frage“, klinkte Sarin sich nun wieder ein. „Wie gehen wir mit den Personen um, die auf der Liste stehen? Jene, die das Mal bereits haben, werden unter Aufsicht gestellt, bis wir gesichert wissen, ob und wie wir den Vorgang umkehren können. Alle anderen sollten sich möglichst nicht alleine irgendwo aufhalten oder bewacht werden, wenn sie unterwegs sind. Und sie sollten von nun an regelmäßig auf das Zeichen hin überprüft werden. Die Frage ist natürlich, ob die Erleuchteten überhaupt noch hinter diesen Personen her sind, da sie ja wissen, dass wir die Liste haben. Aber sicher ist sicher.“
„Wurden eigentlich andere mit dem Mal gefunden?“ erkundigte sich Jana.
Sarin nickte. „In der Tat. Tatsächlich konnten wir in allen hier vertretenen Bünden Personen entdecken, die auf Torannas Liste standen und auch das Mal hinter dem Ohr haben. Bei den Gläubigen der Quelle war es ein junger menschlicher Mann aus Thrassos mit Namen Felix. Er steht im Moment im Bundhauptquartier auf der Ätherebene unter Beobachtung. Bundmeister Terrance konnte eine Mineral-Genasi namens Savra mit dem Zeichen entdecken. Sie steht im Moment unter Aufsicht seiner Stellvertreterin Jaya. Im Bund der Kryptisten wurde eine Halbelfe namens Lataris Goldauge entdeckt, die nun im Obergeschoss des Großen Gymnasiums beobachtet wird. Und Lady Erin schließlich stieß auf einen jungen Aasimar namens Tarek Ataras, der sich im Moment in einem der privaten Sinnsorien aufhält. Von Tylaric Sturmschwinge, der dem Harmonium beigetreten ist, habt Ihr ja selber berichtet. Wir haben ihn vorbeugend unter Arrest gestellt, ebenso wie Eliath, Alvion, Clarent, Shill und Ulfwald.“
Ambar wirkte nicht besonders glücklich bei Sarins Ausführungen. „Aber wie lange soll das dauern? Ich meine, diese Personen haben doch im eigentlichen Sinne nichts verbrochen. Haben wir das Recht, sie so lange einzusperren?“
Der Paladin warf seinem Kollegen einen zweifelnden Blick zu. „Ambar, wenn das Harmonium sagt, sie sind verdächtig und eine potentielle Gefahr, dann habe ich natürlich das Recht. Was ist das wieder für eine Frage?“
„Auf unsere Weise oder gar nicht, hm?“ Terrances Bemerkung war nicht ohne einen gewissen bitteren Beiklang, doch dann nickte er resignierend und seufzte tief. „Aber in diesem speziellen Fall ist es wohl wirklich sicherer so. Und da Ihr ein Mann von hohen Idealen seid, gehe ich davon aus, dass sie gut untergebracht werden.“
„Das versteht sich doch von selbst“, versicherte Sarin und wandte sich dann an Erin. „Mylady, wollt Ihr noch die Erkenntnisse mitteilen, die wir zu den anderen Personen auf der Liste gewonnen haben?“
„Sehr gerne“, antwortete sie. „Bei folgenden Personen können wir sichergehen, dass sie das Mal der Erleuchteten nicht tragen - unter der Maßgabe, dass es sich dabei auch um die auf der Liste gemeinten Personen handelt: Lissandra - obgleich nicht ausdrücklich Lissandra die Torsucherin auf der Liste steht, haben Rhys und ich beschlossen, die Gildenmeisterin der Torsucher auf das Zeichen hin zu überprüfen. Als sie sich kürzlich zu einer Massage im Großen Gymnasium befand, konnte Rhys sicherstellen, dass sie das Zeichen nicht hinter dem Ohr trägt.“
Die Bundmeisterin der Kryptisten nickte bestätigend. Erin erkannte Sarins leichtes Schmunzeln bei ihren Ausführungen, in dem jedoch durchaus eine gewisse Anerkennung mitschwang. Ja, dachte sie bei sich, sie und auch Rhys hatten ihre eigenen Wege, Informationen zu beschaffen, und der Bundmeister des Harmoniums wusste genau, wie wertvoll die Allianz ihrer Bünde auch abseits der Prophezeiung war. Nicht, dass die Sinnsaten nicht ebenso davon profitiert hätten.
„Harys Hatchis“, fuhr sie fort. „Wir dürfen wohl mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Harys Hatchis von der Freien Liga gemeint ist. Ich habe ihn vor kurzem in der Oper getroffen und konnte aufgrund seines spärlichen Haarwuchses relativ einfach feststellen, dass er das Zeichen nicht trägt. Iarmid: Rhys hat den Aasimar dieses Namens überprüft, der ein bekanntes Mitglied der Kryptisten und Inhaber des Spas Der Andere Platz ist. Er trägt kein Zeichen. Cuatha Da'nanin ...“ Sie schmunzelte. „Ich konnte meinen Geliebten natürlich sehr leicht auf das Zeichen hin überprüfen und kann garantieren, dass er es weder hinter dem Ohr noch an sonst einer Stelle seines Körpers trägt.“
Ambar lachte herzlich auf ihre Worte hin, räusperte sich aber bei Sarins tadelndem Blick und hob entschuldigend, wenngleich noch immer amüsiert die Hände. Auch Naghûl, Sgillin, Morânia, Lereia und Terrance hatten ihre Erheiterung nicht verborgen. Mit einem Grinsen fuhr Erin fort:
„Wip Wildfang: Es gibt einen Dekurio dieses Namens beim Harmonium. Bundmeister Sarin ließ den Halbling prüfen und teilte mir mit, dass er das Symbol nicht hat. Zena: Dies ist kein seltener Name. Unter den bekannteren Persönlichkeiten der Bünde ist uns jedoch Zena von den Gläubigen der Quelle bekannt. Eine Überprüfung durch Bundmeister Ambar ergab, dass sie das Zeichen nicht trägt. Jaya: Hier verhält es sich ähnlich wie bei dem Namen Zena. Die bekannteste Frau dieses Namens in Sigil dürfte Bundmeister Terrances Stellvertreterin sein. Sie hat das Zeichen nicht.“ Sarin, Ambar und Terrance nickten bestätigend zu ihren Worten. „Und schließlich: Alluvius Ruskin. Durch einen Einkaufsbummel in Tivvums Antiquitäten konnte ich sicherstellen, dass Alluvius das Symbol nicht trägt.“
„Nicht schlecht, Erin.“ Ambar nickte anerkennend. „Ich bin immer wieder beeindruckt, wie Ihr Informationen beschafft, und das auch oft persönlich.“
„Eines meiner ausgeprägteren Talente“, erwiderte sie mit einem Augenzwinkern. „Was die anderen Namen auf der Liste angeht, bei folgenden Personen sind wir uns ziemlich sicher, wer gemeint ist, konnten aber bislang nicht feststellen, ob sie das Zeichen tragen: Autochon - gemeint ist höchstwahrscheinlich der Glockenläuter; Prisine - gemeint ist wahrscheinlich die Wassergenasi vom Willen des Einen; Tessali - gemeint ist wahrscheinlich der elfische Faktor der Trostlosen; Quake Lavendel - gemeint ist höchstwahrscheinlich die Wilde Magierin der Xaositekten; Parakk der Rattenfänger - gemeint ist höchstwahrscheinlich der Githzerai; Aram Eichenschaffer - gemeint ist höchstwahrscheinlich Rowan Dunkelwalds Stellvertreter; Jemorille - gemeint ist wahrscheinlich der Rilmani; Jamis - gemeint ist möglicherweise Bundmeister Hashkars Stellvertreterin; Spragg - gemeint ist möglicherweise Ely Cromlichs Assistent; Alisohn Nilesia - gemeint ist höchstwahrscheinlich Bundmeister Mallins Adjutantin und schließlich Djheck’nlar - gemeint ist wahrscheinlich die Githyanki. Folgende Personen können wir namentlich nicht zuordnen und haben noch keine Anhaltspunkte, um wen es sich handeln soll: Varis, Pox, Rianna und Veldrak. So viel zu Torannas Liste und unseren bisherigen Erkenntnissen dazu. Und der letzte Punkt, der uns noch bleibt: Wir müssen auch noch diese Hüterin und diesen Verkünder suchen. Somit lautet nun die Preisfrage: Was greifen wir als nächstes an?“
Mit einer fließenden Bewegung stellte Rhys vollkommen lautlos das Wasserglas ab, das sie gehalten hatte. „Wenn schon ein Metallgesicht zum Leben erwachte, um mit Kiyoshi in der Alten Sprache zu sprechen, würde ich ja zu Hüterin und Verkünder raten.“
„Das sehe ich auch so“, stimmte Terrance zu.
Sgillin wirkte durchaus erfreut über diese Aussicht und lächelte. „Nach der Leichenhalle und der Feuerebene wäre eine himmlische Ebene mal eine angenehme Abwechslung.“
„Also gut.“ Sarin nickte knapp. „Die Erwählten suchen die beiden Genannten. Das Harmonium kümmert sich um die Gezeichneten und wir suchen außerdem diesen Schattendieb.“
„Ich werde versuchen, noch etwas mehr über die Erleuchteten in Erfahrung zu bringen“, erklärte Erin.
„Und ich über die Legende der Seelen, die Sigil nicht verlassen können“, fügte Terrance an. „Zudem werde ich Ambar bei der Suche nach dem abgetrennten Teil seiner Seele helfen. Der Gedanke mit dem Seelenkompass lässt mich nicht mehr los. Mal sehen, was ich tun kann.“
Ambar nickte mit einem leisen Seufzen. „Ja, ich denke, ich werde mich auch erst einmal … um meine Seele kümmern.“
Nachdem die Bundmeisterin der Kryptisten sich als einzige noch nicht geäußert hatte, wandte Sarin ihr den Kopf zu. „Und Ihr, Rhys?“
Die Tieflingsfrau lächelte unergründlich. „Das wird die Kadenz der Ebenen mich wissen lassen.“
Erin unterdrückte ein Schmunzeln. Rhys hatte wie niemand sonst die Fähigkeit, sich auf geheimnisvolle Weise bedeckt zu halten und dennoch den Eindruck zu vermitteln, dass sie stets genau wusste, was sie tat oder zu tun hatte. Und wahrscheinlich wusste sie das auch tatsächlich. Auch Sarin kannte ihre Art nur allzu gut und schüttelte daher nur mit einem kurzen Grinsen den Kopf. „Natürlich.“
Dann nahm Naghûl eine etwas aufrechtere Sitzhaltung ein. „Zum Abschluss würde ich gerne noch eine persönliche Sache loswerden“, wandte er sich an die Versammelten. „Ich bin froh, dass wir in dieser Kombination zusammen arbeiten und hoffe, dass es dabei bleiben wird. Wir Erwählten arbeiten auch als Gruppe inzwischen sehr gut zusammen, wie die Mission auf der Feuerebene gezeigt hat.“
Sarin nickte dem Tiefling zu. „Danke, Naghûl. Ich kann Eure Worte nur bestätigen. Ich …“ Er räusperte sich kurz. „Ich möchte betonen, dass ich jeden einzelnen hier am Tisch schätze, auch wenn ich es manchmal ganz gut … verberge.“
Erin schmunzelte einmal mehr, als sein Blick dabei kurz zu Terrance ging. Bei einem Mann wie Sarin konnte man das geradezu als Friedensangebot werten, und Terrance lächelte denn auch warm.
„Wir können eben alle nicht aus unserer Haut“, meinte er freundlich.
„Hach, so viel Harmonie“, bemerkte Rhys mit einem Lachen und nicht ohne eine Spur von Selbstironie. „Da habe ich ja gar nichts mehr zu schlichten.“
„Ach, wartet die nächste Sitzung in der Halle der Redner ab“, versetzte Terrance sogleich. „Da ändert sich das ganz schnell, wenn Sarin den neuesten Antrag der Athar hört …“
Der Paladin seufzte vernehmlich. „Oh Terrance, verschont mich!“
Der Hohepriester sah mit einem Zwinkern zu Rhys. „Seht Ihr?“
„Ich bin beruhigt“, erwiderte die Bundmeisterin der Kryptisten lachend.
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gespielt am 6. Juni 2012




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