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Dessert im Berronar's

 


 

Dritter Leeretag von Konkordanz, 126 HR

Obgleich sie nicht zu übertriebener Pünktlichkeit neigte, war Erin tatsächlich erst die zweite, die den prächtigen Raum im Berronar's betrat, den sie für die anstehende Besprechung reserviert hatte. Lediglich Terrance wartete dort bereits. Sie begrüßte ihn herzlich und begann ein lockeres Gespräch über die gestrige Sitzung in der Halle der Redner. Doch schon kurz darauf öffnete sich die Tür, und ein traten fünf Personen, von denen drei ihr bereits bekannt waren: Ihr Faktotum Naghûl, Sgillin und Lereia. Der junge Mann mit dem kurzen, schwarzen Haar und den mandelförmigen Augen musste Sarins neuer Rekrut Kiyoshi sein, und die blonde Frau somit Terrances neues Bundmitglied Jana. Kiyoshi verneigte sich sogleich mit vor der Brust gefalteten Händen.

„Konninchi'wa“, sagte er, und Erin ging davon aus, dass es ein Gruß in seiner Muttersprache war.

Auch die anderen verneigten sich zur Begrüßung, und Sgillin sah sich beeindruckt in dem prächtigen Raum um.

„Nobel, nobel“, bemerkte er, während Jana sich sichtlich unwohl zu fühlen schien.

Terrance hatte ihr erklärt, dass Jana im Stock lebte, und somit war sie eine derartige Umgebung mit Sicherheit nicht gewohnt. Dann öffnete sich erneut die Tür, diesmal schwungvoller. Erin wusste schon, wer eintreten würde, ehe sie ihn sah. Nur einer aus ihrer Runde hatte die Angewohnheit, stets auf diese energische Weise Türen zu öffnen … Der Bundmeister des Harmoniums wollte eintreten, allerdings stand Lereia noch fast im Türrahmen – und somit im Weg.

Sarin räusperte sich, und Lereia fuhr ein wenig aufgeschreckt herum. „Oh.“ Sie trat sofort zur Seite. „Verzeiht, Bundmeister.“

Sie machte einen Knicks, als Sarin ihr zunickte und an ihr vorbei in den Raum trat, während Naghûl und Sgillin sich verneigten.

„Der Segen der Dame“, grüßte der Paladin in gewohnt knapper Manier und schloss die Tür hinter sich. Im selben Moment ging Kiyoshi auf die Knie und berührte mit der Stirn den Boden. Dann verharrte er in dieser Position.

„Bundmeister“, grüßte er.

Sarin war gerade auf dem Weg weiter hinein in den Raum gewesen, blieb nun aber wie angewurzelt stehen. Irritiert sah er zu seinem Rekruten. „Ähm ...“

Erin trat wie unbewusst einen Schritt näher. Kiyoshis Begrüßung war nach Sigiler Maßstäben ungewöhnlich und Sarin offensichtlich davon überrascht. Das versprach interessant zu werden. Auch die anderen Anwesenden teilten offenbar Sarins Irritation.

„Alles klar bei dir?“, fragte Sgillin den jungen Mann. „Geht's dir gut?“

Jana verbeugte sich etwas verspätet und etwas ungeschickt vor Sarin, sah dabei aber neugierig aus den Augenwinkeln zu Kiyoshi. Dieser machte keinerlei Anstalten, sich zu erheben oder auch nur aufzublicken. Sein Bundmeister runzelte die Stirn.

„Rekrut Kiyoshi. Ähm ... Ich grüße Euch. Bitte steht auf.“

Erin merkte ihm an, dass die Szene ihn nicht nur überraschte, sondern ihm auch ziemlich unangenehm war. Kiyoshi erhob sich, schlug sich mit der Faust auf die Herzgegend der Rüstung und neigte den Kopf.

„Bundmeister“, sagte er erneut.

„Danke“, erwiderte Sarin, als er aufstand und sah dann zu ihr und Terrance.

Sie fürchtete, dass sie ihr Amüsement über die Situation nur ungenügend verbergen konnte. Ein schneller Seitenblick zu Terrance verriet ihr, dass sie aber zumindest nicht alleine damit war. Der Bundmeister der Athar verschränkte die Arme und sah dem Paladin und seinem neuen Rekruten interessiert zu. Sarin wandte sich wieder an Kiyoshi.

„Ist das auf Eurer Welt die … die übliche Form der Begrüßung?“ fragte er.

Sgillin grinste. „Das scheint mir doch sehr anstrengend, wenn sich dort alle so begrüßen.“

Kiyoshi reagierte nicht darauf, sondern antwortete seinem Bundmeister, während er den Kopf weiterhin gesenkt hielt „Gegenüber dem eigenen Fürsten, in der Tat, ehrenwerter Bundmeister Sarin-gensui.“

Dem eigenen Fürsten. Erin schmunzelte. Ja, die Bundmeister Sigils mochten sich weder Fürsten noch Könige nennen, und doch waren sie mächtiger als die meisten Herrscher mit diesen Titeln. Kiyoshis Einordnung war also nicht ganz unzutreffend. Lediglich seine Kenntnis der Sigiler Etikette war noch unzureichend. Sie meinte zu bemerken, dass Sarin ein Seufzen unterdrückte.

„Ich verstehe.“ Er nickte. „Und ich fühle mich geehrt. Aber ich würde Euch bitten, hier in Sigil davon abzusehen. Es ist hier nicht üblich, dass die Bundmeister so begrüßt werden. Und ich will nicht, dass es heißt Sarin ist größenwahnsinnig und will Sigil beherrschen. Die sind ohnehin schon paranoid genug, einige Bünde.“ Er sah zu ihr und Terrance und räusperte sich kurz. „Anwesende natürlich ausgeschlossen.“

Der Bundmeister der Athar grinste. „Natürlich.“

Erin verkniff sich ein Schmunzeln. Der Schlagabtausch zwischen Sarin und Terrance war immer ein Schauspiel für sich, und sie hätte gelogen, hätte sie behauptet, das nicht oft erheitert zu genießen. Kiyoshi hingegen nickte.

„Ich verstehe, ehrenwerter Bundmeister Sarin-gensui“, erwiderte er. „Ich werde auf Euren Befehl hin davon absehen, Euch die angemessene Ehrerbietung zukommen zu lassen.“ Er blickte immer noch zu Boden und seinen Bundmeister nicht an.

Nun lächelte Sarin ein wenig. „Mein Leben ist hart, ich weiß“, antwortete er ironisch.

Erin musste lachen. Der Paladin hatte einen gewissen trockenen Humor, den sie durchaus zu schätzen wusste.

„Ach, Sarin“, sagte sie erheitert, und nun nickte er ihr zu.

„Lady Erin“, grüßte er sie, und sie hob ihm die rechte Hand entgegen.

„Welch eine Freude, Euch zu sehen, Sarin“, stellte sie lächelnd fest, während er sich verneigte und die ihm dargebotene Hand küsste.

Sie mochte die galante Art, auf die er sie stets begrüßte, vor allem, weil sein Verhalten dabei stets ritterlich und niemals anzüglich war, was man nicht von allen hohen Herren der Sigiler Gesellschaft behaupten konnte.

„Die Freude ist wie immer auf meiner Seite“, entgegnete der Paladin.

Aus dem Augenwinkel konnte Erin erkennen, dass Kiyoshi erst wieder den Kopf hob, als Sarin aus seinem Blickfeld getreten war.

Auch Terrance nickte seinem Kollegen nun zu. „Der Segen der Dame, Sarin.“

Der Paladin verneigte sich vor dem Hohepriester und sah sich dann um. „Und wo ist Bundmeister Ambar?“ fragte er mit einem Anflug von Ärger. „Wie immer zu spät. Das war ja klar.“

„Vielleicht hat ihn etwas Wichtiges aufgehalten“, verteidigte Erin ihren Kollegen reflexhaft, denn Ambar war zumeist unpünktlich.

„Mhm“, brummte Sarin. „Sein Aufstieg zur Göttlichkeit, mutmaße ich.“

Terrance lachte herzlich auf die Bemerkung hin. „Womöglich“, meinte er erheitert.

Erin erkannte, dass Naghûl zu Lereia sah, als ob sie etwas dafür könnte, ihr dann aber grinsend zuzwinkerte. Die junge Frau hob unschuldig die Schultern, aber man konnte ihr anmerken, dass ihr die Situation ein wenig unangenehm war. Sarin hingegen schüttelte unwillig den Kopf.

„Also, wir fangen an“, erklärte er gereizt. „Hier wird auf niemanden gewartet, auch nicht auf den Herrn Bundmeister der Gläubigen.“

„Ihr seid heute aber sehr ungnädig“, warf Erin im Plauderton ein, um die Situation aufzulockern, während Lereia kurz zur Tür sah.

Die junge Frau war wirklich reizend, und es tat ihr ein wenig leid, dass ihr charmanter, doch sorgloser Bundmeister sie gerade in eine angespannte Lage brachte.

„Lady Erin“, erwiderte Sarin freundlich. „Ich bin immer ungnädig. Dafür bin ich doch bekannt, oder?“

Naghûl hob bei diesen Worten die Brauen und blickte zu Boden. Sie verkniff sich erneut ein Schmunzeln, legte stattdessen die Rechte sacht auf Sarins Unterarm, eine dezente Aufforderung, sie zum Tisch zu führen.

„Ihr übertreibt“, antwortete sie lächelnd. „Ihr seid eigentlich ein so zuvorkommender und freundlicher Mann.“

Sein Blick sagte ihr, dass er genau wusste, was sie tat, sie dieses kleine Spiel jedoch mit ihm spielen ließ.

„Ihr schmeichelt mir“, entgegnete er höflich und führte sie durch den Raum in Richtung des großen Tisches. „Unglücklicherweise bin ich auch ein sehr beschäftigter Mann. Also fangen wir bitte an.“

Als er ihr mit einer leichten Verneigung den Stuhl zurecht rückte, kam auch Terrance mit einem erheiterten Schmunzeln zum Tisch.

„Na, was für ein Beginn“, bemerkte er mit einem Anflug von Ironie.

Als ihre Kollegen Platz nahmen, wandte sich Erin an die Gruppe der etwas unsicher im Raum stehenden, überwiegend neuen Bundmitglieder. „Setzt Euch doch bitte“, forderte sie sie auf.

Lereia sah noch einmal leise seufzend zur Tür, doch Sgillin stupste sie an.

„Na komm, Süße“, sagte er leise, und sie folgte den anderen zum Tisch.

Naghûl rückte Jana den Stuhl zurecht, die ihn zaghaft anlächelte und Platz nahm.

„Sgillin“, sagte er dann tadelnd und schüttelte den Kopf, als der Halbelf einfach Platz nahm ohne selbiges für seine Gefährtin zu tun. Lereia schmunzelte, und auch Terrance quittierte es mit einem amüsierten Lächeln.

„Oh, äh ...“ Sgillin stand wieder auf und rückte Lereia den Stuhl zurecht. Erin meinte zu erkennen, dass er tatsächlich leicht errötete. Im selben Moment öffnete sich die Tür erneut und Ambar trat ein.

„Verzeiht die Verspätung“, entschuldigte er sich schon im Hereinkommen. „Der Segen der Dame.“

Sarin zog missbilligend die Brauen zusammen. „Ihr könntet auch einmal pünktlich kommen, Ambar.“

Während alle Erwählten sich hastig erhoben und den Bundmeister der Göttermenschen mit einer Verbeugung begrüßten, schloss der Barde die Tür hinter sich und kam eilig zum Tisch herüber. Er nickte Lereia lächelnd zu, dann wandte er sich an Sarin.

„Tut mir leid, ich war wirklich …“

„Beschäftigt“, unterbrach der Paladin ihn trocken. „Ja, das dachte ich mir schon.“

Ambar breitete die Arme aus, wirkte aber weder besonders bedauernd noch verstimmt über Sarins harschen Tonfall. Er war guter Laune wie meist. „Ich entschuldige mich ja“, erwiderte er leichthin. „Also faltet mich bitte nicht gleich ein, das hat mir gestern in der Halle der Redner gereicht.“

Erin warf Terrance einen amüsierten Blick zu und erkannte an seiner Miene, dass der Hohepriester sich an die fragliche Szene ebenso erheitert erinnerte wie sie selbst. Der Bundmeister des Harmoniums schien weniger belustigt.

„Was übertreibt Ihr denn immer so? Ich habe Euch nicht eingefaltet, ich habe Euch nur darauf hingewiesen, dass Eure Kenntnisse des Protokolls mir ... mangelhaft erscheinen.“

„Hingewiesen?“ Ambar hob mit einem leichten Grinsen die Brauen. „Ihr habt mir einen zehn-minütigen, sehr energischen Vortrag gehalten. Ich würde das einfalten nennen. Meine Güte, das hätte von Hashkar kommen können.“

Während alle anderen Erwählten sich bei diesem Schlagabtausch offenbar eher unwohl fühlten und überwiegend auf die Tischplatte sahen, beobachtete Sgillin den Wortwechsel recht interessiert. Sarin lehnte sich nun zurück und lächelte Ambar zu.

"Wenn Ihr es so verstehen wollt“, erwiderte er betont freundlich.

Ambar grinste. Er kannte Sarins Maßregelungen bezüglich seiner häufigen Unpünktlichkeit bereits und störte sich offenbar nicht besonders daran. Und wenngleich sie selber die Interaktionen von Sarin und Ambar nicht weniger unterhaltend fand als die zwischen Sarin und Terrance, so war ihr doch bewusst, dass die Erwählten in dieser Umgebung neu waren und das Geplänkel der Bundmeister sie eher einschüchterte als amüsierte. Mit Ausnahme von Sgillin vielleicht.

„Also, meine Herren“, bemerkte sie daher lächelnd. „Es ist doch ein großes Glück für uns, dass sich hier vier Bünde zusammengefunden haben, deren Bundmeister sich so gut verstehen.“

Sarin verschränkte die Arme und sah zu Terrance. „Genau.“

„Schaut mich nicht so angesäuert an“, entgegnete der Hohepriester mit einem Schmunzeln. „Ich kann auch nichts dafür.“

Erin warf Sarin einen milde tadelnden Seitenblick ob dieser doch eher offensiven Bemerkung zu. Doch der Paladin hatte bereits selbst bemerkt, dass er ein wenig zu direkt gewesen war.

„Verzeihung, Terrance“, erwiderte er. „Es war nicht so gemeint. Ich habe nur ... Tut mir leid.“

Doch der Bundmeister der Athar lächelte gelassen. „Schon gut. Ich kenne Euch ja. Und ich weiß, dass da nur der Paladin aus Euch spricht.“

Sarin atmete tief durch. „Können wir das bitte lassen?“

Sacht legte Erin ihre Hand auf den Unterarm des neben ihr sitzenden Paladins. „Genau. Kommen wir zum eigentlichen Thema.“ Sie bemerkte Sarins Blick, seine ganz leicht gehobene Braue, als sie ihn derart zu besänftigen suchte, aber auch eine Spur von Erheiterung, geschuldet womöglich der Tatsache, dass gerade sie in diesem Moment die Stimme der Vernunft gab. Doch auf jeden Fall lehnte er sich mit einem knappen Nicken zurück und überließ ihr das Wort.

„Ich nehme an“, fuhr sie fort, „alle Anwesenden wissen, worum es geht, Erwählte wie Bundmeister.“ Allgemeines Nicken in der Runde war die Antwort. „Wer übernimmt die Gesprächsführung?“

Sie sah unschuldig zu Sarin hinüber, der schmunzeln musste.

„Also, Mylady, da Ihr Euch ja quasi schon so charmant angeboten habt. Und wer wäre ich, einer Dame nicht den Vortritt zu lassen?“

„Ritterlich wie immer“, stellte sie lächelnd fest. „Also gut.“

Ihr Blick wanderte zu Lereia, die sofort verstand, worauf sie hinaus wollte.

„Ich könnte die Ereignisse von unserer Seite aus kurz zusammenfassen“, bot die junge Frau an.

„Gerne“, erwiderte Erin und nickte ihr zu, um ihr zu bedeuten, dass sie das Wort hatte.

Lereia berichtete von den Geschehnissen im Haus der Visionen, wie sie es genannt hatten, von dem Skorpion, der Stimme, den Gräbern und den erwähnten Kindern der Prophezeiung sowie von dem anschließenden Gespräch mit Erin und Da'nanin. Jana beugte sich vor und hörte Lereia interessiert zu, während Kiyoshi eine weitgehend unbewegte Miene wahrte – wie überhaupt schon die ganze Zeit über, seit Beginn des Treffens. Es war so auffällig, dass sie vermutete, dass dies eher Teil seiner Kultur als seiner Persönlichkeit war. Die junge Frau hatte ihren Bericht gerade beendet, als Sgillin plötzlich mit leicht abwesendem Blick auf Sarin starrte und kurz ächzte. Dann flog sein Kopf leicht zurück und stieß gegen die Stuhllehne. Aufgrund von Naghûls Bericht über die Vorgänge in der Gießerei hatte Erin eine Ahnung, was gerade geschah, ebenso wie Ambar, der Sgillin interessiert musterte. Terrance mochte von Ambar ebenso bereits von dem Vorfall erfahren haben, doch für Sarin war dies definitiv neu, und entsprechend skeptisch musterte er den Halbelfen. Dieser starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.

„Es ist … gerade wieder passiert“, stellte er fest, so als sei er selbst ein wenig überfordert damit.

„Was ist passiert?“, fragte Sarin knapp.

„Ich war auf dem Weg in Euren Geist, aber ich wurde abgewehrt“, erklärte Sgillin. „Aber ... diesmal war es anders.“

Der Paladin zog die Brauen zusammen. „Wie soll ich das bitte verstehen?“

„Bei Euch, Bundmeister Sarin, war es anders als bei Bundmeister Ambar“, präzisierte der Halbelf. „Als es das letzte Mal bei Bundmeister Ambar passierte, war die Abwehr sanft, fast freundlich, aber bestimmt. Bei Euch war es wie ein Schlag ins Gesicht.“

„Oh, warum wundert mich das nun so gar nicht?“, warf Terrance mit unüberhörbarem Zynismus ein.

Sarin ließ sich von diesem Seitenhieb nicht beeindrucken, sondern blickte weiterhin zu Sgillin. „So etwas tut man ja auch nicht“, erwiderte er sachlich und erweckte dabei nicht den Eindruck, seine unbewusste, aber heftige Abwehr zu bedauern.

„Ich kann es nicht kontrollieren ...“, verteidigte Sgillin sich. „Es passiert einfach so.“

„Er kann es bisher wirklich nicht kontrollieren“, kam Lereia ihm zu Hilfe. „Und wir wissen nicht, warum es bei bestimmten Geschöpfen passiert.“

Erin biss sich bei dieser Formulierung kurz auf die Lippen, und Sarins Miene nahm auch prompt einen wenig begeisterten Ausdruck an.

„Bestimmte Geschöpfe?“, wiederholte er. „Na danke.“

„Verzeiht“, entschuldigte Lereia sich sogleich. Man konnte ihr ihre Nervosität deutlich anmerken. „Aber da es sowohl einen Skorpion als auch Humanoide betraf, wählte ich diesen Überbegriff.“

Auf ihre vorsichtig gesetzten Worte hin winkte der Paladin nun knapp ab. „Bitte, Eure Kategorisierung sei Euch unbenommen.“

Sie blickte ihn fragend an. Offenbar war sie nicht ganz sicher, was er mit dieser Formulierung meinte, traute sich aber nicht, direkt nachzufragen.

„Ich meine, es ist schon gut“, erklärte Sarin, nun etwas versöhnlicher. „Ihr könnt es ruhig so sagen, es klang nur etwas befremdlich.“

Die junge Frau nickte, offenbar erleichtert. „Danke. - Soll ich fortfahren?“

„Ja, bitte fahrt fort“, erwiderte Erin freundlich.

Lereia berichtete nun von dem Zebra in der Gießerei, dem Gespräch mit Ambar und den daraus gewonnenen Erkenntnissen. Terrance verschränkte die Arme, lehnte sich zurück und hörte zu - ab und an blickte er zu Jana. Bei der Erwähnung von Naghûls Gabe schaute er interessiert zu dem Tiefling, der unschuldig lächelte. Erin vermeinte geradezu spüren zu können, wie ihr Faktotum sich in diesem Moment am liebsten unsichtbar gemacht hätte. Nachdem Lereia geendet hatte, sah Erin zu Kiyoshi und Jana.

„Dann solltet Ihr berichten, was Ihr wisst.“

Die beiden kamen ihrer Aufforderung nach und erzählten davon, was in Sarins Büro vorgefallen war. Danach saßen alle eine Weile schweigend um den großen Tisch herum. Jeder in der Runde hatte gerade etwas Neues erfahren, alle mussten sich ein wenig sortieren ob der teils undurchschaubaren, teils skurrilen Begebenheiten, mit denen sie so plötzlich und unverhofft konfrontiert worden waren. Schließlich ergriff Lereia als erste wieder das Wort. „Sollten es also neun Erwählte sein?“

„Was führt Euch zu der Annahme“, fragte Jana, „dass es neun sein sollen?“

„Das habe ich aus den Worten der Stimme in dem Haus geschlossen“, erklärte Lereia, „Aber das ist nur eine Vermutung.“

Die Vermutung erschien Erin nicht abwegig, und sie nickte. „Die Stimmen in dem Haus deuten darauf hin, ja. Und wenn ich richtig zähle, haben wir nun auch neun Fähigkeiten, oder?“

„Richtig“, bestätigte Lereia, während Ambar sich in seinem Stuhl zurücklehnte.

„Jetzt bleibt die Frage, wer ist wer?“

„Ich werde eine Aufstellung niederschreiben“, schlug Lereia vor. „Vielleicht ist es dann übersichtlicher.“

„Werte Kollegen und Erwählte …“, schaltete Sarin sich nun wieder in das Gespräch ein. „Ehe wir uns hier in Spekulationen vertiefen, möchte ich auf einen wesentlichen Punkt kommen. Und zwar, was wollen wir hier und was fangen wir an mit unserem Wissen und Eurer Gabe? Denn eines ist doch klar: Wir bewegen uns hier auf etwas Großes zu oder stecken schon mitten drin. Wie auch immer … Es stellt sich die Frage, was nun? Wir alle wissen nun davon, vier Bünde sind in diese Geschichte verwickelt. Mir sind dabei ein paar Punkte wichtig. Punkt eins: Es bleibt auch bei diesen vier Bünden. Möglicherweise können wir nicht verhindern, dass andere hineingezogen werden, aber fördern sollten wir es nicht. Punkt zwei: Auch innerhalb unserer Bünde darf nur ein sehr kleiner Kreis von der Sache wissen. Die Erwählten könnten sonst in Gefahr sein. Punkt drei: Was machen wir nun? Was ist überhaupt unser Ziel? Diese Maschine steht im Mittelpunkt von allem, aber was wollen wir damit. Sie aktivieren? Verhindern, dass man sie aktiviert? Sie zerstören? Sie schützen?“

Erin lächelte. Er brachte seine Punkte wie immer direkt und ohne Umschweife auf den Tisch. Doch er hatte vollkommen Recht und sprach aus, was gesagt werden musste. Auch Terrance nickte zu seinen Worten.

„Das ist eine sehr gute Frage, Sarin.“

Nun schaltete sich Naghûl vorsichtig wieder in das Gespräch ein. „Was die Maschine angeht“, bemerkte er, „würde ich eine Prioritäten-Liste empfehlen. Das wichtigste ist, sie zu schützen, bevor sie in falsche Hände gerät. Ich denke, wir alle können uns ausmalen, was passiert, wenn sie Pentar in die Hände fällt.“

Sarin lachte trocken. „Bei der Dame, ich will es mir gar nicht ausmalen.“

Dem konnte Erin nur aus ganzem Herzen zustimmen. Die Sinker standen weit oben auf ihrer Liste der Bünde, die sie von der Maschine gerne möglichst fernhalten würde.

„Wie die folgenden Prioritäten aussehen, sollten wir sinnvoll erfassen und nichts über das Knie brechen“, fuhr Naghûl fort. „Mein Bauch sagt mir jedoch, dass eine Aktivierung sehr gefährlich wäre. Zudem möchte ich noch anmerken, dass ich der Meinung bin, dass wir hier im Auftrag der Dame selbst handeln, da uns wie schon erwähnt ein Dabus zu dem Haus führte. Vielleicht wäre das ein wichtiger Punkt, dem man nachgehen sollte?“

„Das denke ich auch“, stimmte Terrance zu, und ein gewisser leiser Zynismus lag in seiner Stimme. „Vor allem, weil wir uns nie einigen könnten, was wir mit der Maschine machen wollen. Das mit der Dame sollten wir vielleicht in Betracht ziehen. - Jana, Ihr wollt etwas sagen?“

Die blonde Frau nickte. „Ich wollte ... Also, die Existenz dieser Maschine wird … wir gehen davon aus, dass sie existiert? Und dass sie in naher Zukunft gefunden und möglicherweise aktiviert werden wird? Von uns?“

Sie verhedderte sich mehrmals in ihren eigenen Worten, doch Terrance blieb so ruhig und geduldig wie meist. Er nickte sacht.

„Wir gehen in der Tat von ihrer Existenz aus. Und die Prophezeiung deutet sehr stark darauf hin, dass die Erwählten in Zusammenhang mit der Deus Machina stehen.“

„Dann bin ich strikt dagegen, sie zu aktivieren“, brach es aus Jana heraus. „Die Folgen könnten unabsehbar sein.“

Naghûl wiegte den Kopf. „Ich möchte aus meiner Sicht keine strikte Ablehnung zur Aktivierung der Maschine aussprechen. Wir sollten nicht vergessen, dass wir vielleicht durch die Aktivierung ein großes Übel abwehren könnten. Irgendeinen Sinn wird diese Prophezeiung doch haben.“

Ambar nickte zustimmend zu den Worten des Tieflings. „Ich halte es auch für schwierig, das einzuschätzen. Das Aktivieren der Maschine könnte in der Tat gefährlich sein. Aber auch eine große Chance, wenn wir auf eine beachtliche Bedrohung stoßen sollten.“

„Eben“, pflichtete Sgillin ihm bei. „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“

Jana machte schon den Mund auf, um etwas zu erwidern, verkniff es sich dann aber. Sarin bemerkte es jedoch und musterte sie forschend. „Was möchtet Ihr sagen?“

Sie straffte sich ein wenig. „Ich denke nicht, dass bei ihrer Aktivierung ein vorhersagbarer ... Effekt zu erzielen ist. Dinge sind ... verwoben und selbst für sehr mächtige Wesen oft nur schwer zu durchschauen. Es könnten Nebeneffekte auftreten. Eine Maschine dieser Art ist sicher nicht sonderlich ... gezielt? - Entschuldigt. Wir müssen sie sowieso erst einmal finden.“

Sarin hob die Schultern. „Wie gezielt diese Maschine funktioniert oder nicht, darüber können wir nur spekulieren. Wir wissen nicht einmal, wie sie funktioniert oder wie man sie aktiviert. Noch nicht einmal, wo sie sich befindet. Wir tappen bei allem ziemlich im Dunklen.“

Erin nickte. „Ja. Und bis dahin müssen wir nicht festlegen, was wir damit tun. Erst einmal müssen wir sie finden, nicht wahr?“ Sie sah Lereia die Hand heben. „Ja, Lereia?“

Die junge Frau strich eine Strähne ihres weißen Haares zurück. „Ich weiß nicht, welche Quellen die Bünde haben“, erklärte sie. „Woher sie die Schriftstücke haben, und es geht mich auch nichts an. Aber gibt es da noch mehr, was man tun kann, um Nachforschungen anzustellen? Archive, Bibliotheken oder ähnliches? Vielleicht können wir noch Wissen sammeln, ehe wir spekulieren.“

„Ja, das sehe ich auch so“, stimmte Sgillin zu. „Wenn etwas schon so einen großen Aufriss betrieben hat mit Gräbern, Prophezeiungen und Erwählten, dann muss es doch da noch irgendwelche Informationen geben.“

„Tatsächlich gäbe es da etwas ...“, bemerkte Terrance ruhig.

Erin horchte auf. Der Hohepriester hatte die Fähigkeit, auch bedeutungsvolle Informationen in einer Ruhe einzuwerfen, als ginge es nur um die Tagesordnung der nächsten Sitzung in der Halle der Redner. Gespannt sah sie ihn an, und die Blicke aller anderen am Tisch richteten sich ebenso auf ihn.

„Wir sind auf einen Mann aufmerksam geworden, der den Namen Eliath trägt“, erklärte Terrance. „Er könnte möglicherweise mehr Aufschluss über das Dunkel geben, in dem wir uns bewegen. Er hält sich oft im Stock auf, hat aber keine feste Wohnung. Und aufgrund der jüngsten Ereignisse in Stock und Unterem Bezirk ist vielleicht Eile geboten.“

„Ihr meint die Morde“, stellte Sarin fest.

„Genau.“ Der Bundmeister der Athar nickte, blieb aber unverändert gelassen.

Kiyoshi, der die ganze Zeit über auf den Tisch blickend gelauscht hatte, sah nun einmal kurz auf.

„Morde?“ Sgillin ob die Brauen. „Das wird ja immer besser.“

„Morde?“ platzte es zeitgleich aus Jana heraus.

„Es gab in den letzten Tagen ein paar Morde im Stock“, erklärte Terrance. „Morde, die aus dem ... na ja, üblichen Rahmen fielen.“

„Ich kann vielleicht etwas … also, ich kann sicher diesen Eliath finden und im Auge behalten“, bot Jana an. „Und vielleicht auch etwas über die Morde in Erfahrung bringen.“

Terrance nickte. „Das wäre der nächste sinnvolle Schritt.“

Nun meldete sich Lereia wieder zu Wort. „Darf man fragen, weshalb dieser Eliath uns helfen könnte? Was ist an ihm so besonders?“

„Möglicherweise – aber das ist nicht sicher – hat er eine der genannten Fähigkeiten“, erläuterte Terrance seine Vermutung. „Caylean, ein Faktotum der Athar, hörte flüchtig, wie er viel von merkwürdigen Träumen sprach. Träume, die realer seien, als sie es dürften.“

Erin spürte, wie ein leises Kitzeln in ihrem Magen die erwartungsvolle Anspannung ob der ganzen Situation noch verstärkte. „Das könnte ein Hinweis sein, ja.“

Lereia hob interessiert die Brauen. „Ja, allerdings.“

„Gut.“ Sarin nickte knapp. „Dann würde ich vorschlagen, ihr fünf untersucht diese Sache.“

„Und am besten jetzt gleich“, fügte Sgillin an. „Bevor jemand ihm das Lebenslicht ausbläst.“

Terrance nickte. „Wir werden versuchen, das unsere dazu beizutragen. Aber ich denke auch, es ist am Besten, wenn die Erwählten der Sache nachgehen, damit möglichst wenig Personen davon erfahren.“

„Eindeutig, Terrance“, stimmte Ambar zu.

„Eine Frage“, warf Naghûl ein. „Wie sollen wir vorgehen, wenn wir einen Erwählten erkennen, der zum Beispiel der Schicksalsgarde oder den Staubmenschen angehört?“

„Lasst Euch in diesem Fall erst einmal nichts anmerken“, ordnete Sarin an. „Gebt nicht Preis, wer Ihr seid. Berichtet uns dann und wir überlegen, was wir in so einem Fall tun.“

Erin musste zwar ein wenig darüber schmunzeln, wie leicht es dem Paladin fiel, den Erwählten anderer Bundmeister Anweisungen zu geben, doch hatte er in diesem Fall natürlich recht.

Lereia präzisierte Naghûls Frage noch einmal. „Sollen wir uns auch anderen Erwählten gegenüber zurückhalten mit Informationen? Oder gilt das nur für die beiden genannten Bünde?“

Erin setzt zu einer Antwort an, doch ihr Faktotum kam ihr zuvor.

„Erst einmal allgemein“, meinte Naghûl. „Wir wissen in aller Regel nie genau, wer hinter dieser Person stecken mag.“ Dann bemerkte er, dass er seiner Bundmeisterin das Wort abgeschnitten hatte und seine hellblaue Haut nahm eine etwas dunklere Tönung an. „Verzeiht Bundmeisterin, ich wollte Euch nicht ins Wort fallen.“

„Ich denke mir eine angemessene Strafe aus“, erwiderte sie lächelnd und musste vor sich zugeben, dass sie ein wenig genoss, wie ihr Faktotum bei diesen Worten die Augen weitete.

Sgillin grinste in Richtung Naghûl und auch Bundmeister Sarin schüttelte erheitert den Kopf. Lereia hingegen räusperte sich.

„Ich habe sonst keine Fragen mehr. Ich werde eine Aufstellung über die Prophezeiung machen und allen hier Anwesenden persönlich zukommen lassen.“

„Ich denke, ich werde zwei, drei Tage brauchen, bis ich Eliath gefunden habe“, fügte Jana an. „Vielleicht sollten wir uns dann im Stock treffen?“ Sie blickte zu den anderen, doch Sarin schüttelte den Kopf. „Es wäre es gut, wenn Ihr diese Nachforschungen gemeinsam anstellt.“ Er blickte zu Terrance hinüber. „Nichts für ungut.“

Der Bundmeister der Athar hob nur abwehrend die Hände. „Ich bin Euer Misstrauen gewohnt, Sarin.“

„Würde ich Euch misstrauen, würde ich hier nicht sitzen“, entgegnete der Paladin ernst. „Und das wisst Ihr.“

Terrance begnügte sich mit einem leicht zynischen Lächeln, während Jana einen vorsichtigen Einwurf wagte.

„Das ist nicht so einfach, Bundmeister.“

„Dann macht es so einfach“, erwiderte Sarin knapp.

Die junge Frau atmete tief durch, setzte aber noch einmal an. „Meine Quellen reagieren nicht besonders gut auf Fremde, Bundmeister. Sie sind leicht zu verängstigen.“

„Jana“, entgegnete der Paladin ruhig, aber unnachgiebig. „Ich habe nicht vor, Euch im Detail vorzuschreiben, wie Ihr vorgeht. Ich erwarte nur, dass Ihr die übrigen Erwählten angemessen einbindet. Das gilt vor allem für Kiyoshi. Ich denke, wir verstehen einander.“

Kiyoshi bewegte nach wie vor keine Miene, was Erin angesichts der Situation durchaus bewundernswert fand. Ambar hingegen grinste und salutierte gen Sarin, als dieser seine Anweisungen erteilte. Der Paladin warf ihm einen tadelnden Blick zu.

„Ambar, bitte.“

Der Barde ließ die Hand sinken und versuchte, nicht ganz erfolgreich, ein weiteres Grinsen zu unterdrücken. „Verzeihung“, sagte er, und Erin entging nicht das Schmunzeln, mit dem Lereia zu ihrem Bundmeister sah.

Auch Erin konnte ein erheitertes Lächeln nicht verbergen. Sie war froh um die Beteiligung der Göttermenschen in dieser Allianz, brachte doch Ambar in seiner unbeschwerten Wesensart ein wenig Unterstützung für ihre eigenen kleinen Spiele mit. Jana begriff nach einem kurzen Blick zu Terrance, dass sie sich Sarins Anweisungen schlecht widersetzen konnte.

„Gut“, sagte sie. „Ich werde mich also umhören und dann mit den anderen Erwählten das weitere Vorgehen absprechen?“

Sarin nickte. „Ja, macht es so. Weitere Fragen?“

„Keine, auf die ich mir eine Antwort erhoffe“, bemerkte Naghûl, und auch die anderen Erwählten schüttelten den Kopf.

Der Bundmeister des Harmoniums lehnte sich in seinem Stuhl zurück und blickte zu Erin. „Lady Erin, Ihr seid am Zug.“

Sie lächelte und legte in einer Geste der Überraschung die Hand ans Herz. „Oh, ich habe die Gesprächsführung wieder? Danke.“ Der Paladin setzte schon zu einer Erwiderung an, doch sie winkte gut gelaunt ab. „Nein, das war doch nur ein Scherz, Sarin. Ich schätze Eure positive Art der Autoritätsausübung sehr, das wisst Ihr doch.“

Sein Blick machte deutlich, dass er ihren kleinen Seitenhieb wohl verstanden hatte und hinnahm, als Ausgleich dafür, ihr ungefragt die Gesprächsleitung entzogen zu haben. Sie blickte nochmals zu ihm, mit einem Lächeln, das sie - erst unbewusst und nun auch durchaus bewusst - für ihn zu reservieren begonnen hatte. Dann sah sie wieder in die Runde.

„Also … Wie es aussieht, haben wir ein Bündnis: Harmonium, Athar, Gläubige der Quelle und die Gesellschaft der Empfindung. Das könnte man mit einigem Recht einen historischen Augenblick nennen. Ich spreche nun ohne politische Höflichkeiten und nicht zwischen den Zeilen, wenn ich sage, dass ich mir kaum drei Bundmeister hätte wünschen können, mit denen mir eine Zusammenarbeit sinnvoller und besser erschienen wäre. Das meine ich abseits unserer Philosophien auf einer sehr persönlichen Basis.“

„Oh.“ Terrance lächelte warm. „Wir können das Kompliment nur zurückgeben, Lady Erin.“

Ambar nickte schmunzelnd.

„An unsere Erwählten möchte ich noch ein Wort richten“, fuhr sie dann fort. „Ob es eine Ehre, ein Segen oder ein Fluch ist, wir wissen es nicht. Aber es ist eine große Verantwortung. Und mit dieser Verantwortung lassen wir Euch nicht allein. Seht das als ein Versprechen.“

Kiyoshis Gesichtsausdruck blieb unbewegt und auch Jana verzog diesmal keine Miene, nickte aber leicht und sah dabei zu Terrance. Es war ihr deutlich anzumerken, dass die Situation sie verunsicherte. Lereia hingegen lächelte sacht und Naghûl wirkte hocherfreut ob ihrer Worte. Auch Sgillin schien zufrieden.

„Ja“, bestätigte Terrance nun ihr Versprechen. „Mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Und aufgrund der sehr unterschiedlichen Facetten unserer Philosophien dürften das diverse sein.“

„Was bedeutet, dass Ihr hier in Sigil mit viel Unterstützung rechnen könnt“, fügte Ambar hinzu. „Ich hoffe, dass man Euch nicht bald ebenso viel entgegensetzt. Das wird sich zeigen. Aber für den Moment sind wir einen großen Schritt weiter gekommen.“

„Wir wissen das sehr zu schätzen“, erklärte Lereia, offenbar durchaus erleichtert.

Jana lächelte nun kurz, schien aber nur bedingt erleichtert. Erin nickte auf Ambars und Terrances Worte hin.

„Der langen Rede kurzer Sinn: Wir haben ein Bündnis und nehmen es ernst. Wir stehen am Beginn eines Weges, der uns möglicherweise weit führen wird. Aber wir können ihn gemeinsam bestehen.“ Dann sah sie zu Naghûl, der offenbar etwas sagen wollte, und erteilte ihm mit einer kurzen Geste das Wort.

„Ich glaube“, erklärte der Tiefling, „ich spreche im Sinne aller Erwählten hier, wenn ich sage, dass wir dankbar sind über die vier schützenden Hände, die über uns gehalten werden. Auch wir nehmen unsere Aufgabe sehr ernst und werden uns der Prophezeiung annehmen. Danke.“

Erin lehnte sich zurück und ließ ihren Blick über die Anwesenden schweifen, als die Besprechung derart endete. Sie hatte nicht angenommen, dass sie jemals in die Legende um die Deus Machina eingebunden sein würde. Und obgleich die freudige Aufregung über diese unglaubliche Erfahrung überwog, so mischte sich doch auch ein etwas mulmiges Gefühl darunter. Diese ganze Geschichte mochte Auswirkungen haben, auf multiversaler wie auch ganz persönlicher Ebene, die sie sich derzeit noch nicht einmal vorstellen konnten. Und mit Sicherheit würden sie nicht nur angenehme Erfahrungen machen. Sie machte sich nicht die Illusion, dass diese Sache schnell vorüber sein würde, war sich vielmehr sicher, dass sie sie nun eine ganze Weile begleiten mochte. Sie hatte nicht gelogen: Sie war froh, gerade Ambar, Sarin und Terrance dabei an ihrer Seite zu wissen. Unter all ihren Kollegen im Rat der Bünde hätte sie lediglich Darius und Rhys sowie außerhalb des Rates noch Bria gleichermaßen in dieser Runde begrüßt. Und auf politischer Ebene war vor allem die Allianz mit dem Harmonium eine außerordentlich wertvolle. In ihren Faktotum Naghûl setzte sie das Vertrauen, dass er der kommenden Herausforderung gewachsen war. Die anderen Erwählten konnte sie noch nicht gut genug einschätzen, doch ging sie davon aus, dass es gute Gründe gab, warum die Prophezeiung gerade auf sie gefallen war. Den von Terrance erwähnten Eliath zu finden, würde ihre erste Aufgabe und Bewährungsprobe sein. Alles andere würde sich dann ergeben.

 

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gespielt am 12. Februar 2012

 

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