„Hast du je die Große Straße bereist und den ganzen Wahnsinn da draußen gesehen, Lederschädel? Versuch's mal, und dann erzähl mir, dass all das einen Sinn hat!“
Karawanenführer Phaal von den Trostlosen
Erster Markttag von Retributus, 126 HR
Der Stock. Es war eine Weile her, seit Naghûl zuletzt hier gewesen war. Natürlich, zu jenem Konzert, dessen Folgen ihn unbeabsichtigt in Bundmeister Sarins Dienste geführt hatten, zu dem war er auch hergekommen. Abseits davon jedoch hatte er dem Stock schon seit Langem nicht mehr als sporadische Besuche abgestattet. Wenn es für einen Auftrag oder eine spezielle Erfahrung eben nötig gewesen war. Und doch hatte er sie keineswegs vergessen, die für das Elendsviertel Sigils so typischen Anblicke, Geräusche und Gerüche. Er sah sich um. Das chaotische Durcheinander von schmutzigen Straßen, zerfallenden Häusern und aus Brettern genagelten Bruchbuden war ihm noch immer vertraut. Hier und da waren ganze Blöcke von einst prachtvollen Gebäuden aus massivem Stein zu sehen, doch auch sie heruntergekommen und baufällig. Hier war das Herz des Verfalls von Sigil, wo ein Leben teilweise weniger zählte als die nächste warme Mahlzeit. Die Klingenrebe mit ihren dunklen Blättern und rasiermesserscharfen Dornen wucherte hier häufiger und dichter an Hauswänden und in feuchten Ecken als sonst irgendwo in Sigil. Die Gerüche von Unrat, Rauch, gebratenem Rattenfleisch, räudigen Hunden und immer wieder einer Prise Schwefel hingen drückend über den schmutzigen Gassen. Ja, es war noch immer vertraut, auch nach all den Jahren. Hier war er damals gestrandet, als er alleine und planlos in Sigil angekommen und in den Käfig gestolpert war. Wie so viele, denen die Stadt der Türen nichts anderes bot, war er im Stock gelandet – und auch eine ganze Weile dort geblieben.
Raralia und Morânia hatten ihn dort aufgegabelt … und letztere ihn viele Jahre später sogar geheiratet. Eine Ewigkeit schien es her zu sein und doch war es wie gestern. Gemeinsam mit Lereia, Sgillin und Kiyoshi war er losgezogen, um Jana zu treffen. Sie hatten sie auch tatsächlich am von ihr genannten Treffpunkt auf einer Kiste sitzend vorgefunden, allerdings vollkommen übermüdet, mit tiefen Ringen unter den Augen und ungeordnetem Haar. Sie wirkte seltsamerweise dennoch vergnügt und aß gerade einen Apfel. Nach Eliath hatte sie sich zwar umgehört, so berichtete sie, ihn aber nicht aufspüren können. Nicht einmal einen Hinweis oder eine Spur hatte sie gefunden. Die Morde jedoch waren in aller Munde, wie es aussah. Laut Jana waren die Opfer alle wahnsinnig, drogensüchtig oder Fusler gewesen. Manche gewiss auch alles zusammen. Sie mutmaßte, dass Eliath seine Gabe schon länger haben mochte und diese ihn wahlweise in den Wahnsinn getrieben oder abhängig gemacht haben konnte. Auf jeden Fall waren alle Opfer mit einem Strick oder Seil erwürgt worden, wenn man dem Plausch Glauben schenken durfte. Sgillin meinte, es klänge, als ob jemand gezielt auf die Erwählten Jagd machte. Lereia hingegen fand nicht, dass es sich danach anhörte, sondern eher als könnte Eliath ein zufälliges Opfer werden. Insgesamt hatte es eine Handvoll Morde gegeben, angeblich waren ein Athar und ein Sinnsat unter den Toten. Zumindest wies das Muster sowohl der Opfer als auch der Mordart auf ein- und denselben Täter hin. Besonders von den Morden betroffen sollten jedoch die Trostlosen sein, daher schlug Jana vor, zuerst mit ihnen zu sprechen. Naghûl war nicht begeistert, hatte aber keinen besseren Vorschlag. Die junge Frau lobte deren Hilfsbereitschaft, doch der Tiefling ergänzte dies um deprimierend und warnte die anderen, sich nicht auf Diskussionen über den Sinn der Existenz einzulassen. Dennoch hofften sie, dort mehr über die Morde zu erfahren und einen Hinweis auf Eliath zu erhalten. Als sie sich auf den Weg zum Torhaus machten, erregten sie eine ganze Mengen Aufsehen, insbesondere Kiyoshi und Naghûl. Die Stockbewohner musterten sie misstrauisch bis furchtsam oder wahlweise feindselig. Nur ein zerlumpter Bettler und ein mageres Straßenkind trauten sich einmal, sie um Geld anzubetteln. Naghûl hatte das auffällige Auftreten – seine Robe, den Stab und ein paar auffälligere Schutzzauber - zwar bewusst gewählt, um unangenehme Gesellen abzuschrecken, doch Jana bestand darauf, dass er und Kiyoshi sich mehr den Verhältnissen im Stock anpassten. Andernfalls, so Janas Befürchtung, würden sie in diesem Teil Sigils überhaupt nichts erfahren, nicht einmal von den Trostlosen. Lereia gab ihr recht, und Naghûl musste zugeben, dass Jana hier einen Punkt hatte. Wenn es darum ging, sich unerwünschte Aufmerksamkeit vom Leib zu halten, mochte sein Erscheinungsbild geeignet sein. Doch um diskret und unauffällig Informationen zu sammeln weniger. Da sie sich weder auf offener Straße umziehen wollten, noch Naghûl und Kiyoshi etwas Dunkles und Unauffälliges zum Anziehen dabei hatten, machten sie einen Umweg zu Janas Haus. Die junge Frau bewohnte alleine ein winziges Häuschen im Tollhausdistrikt, das ärmlich eingerichtet, jedoch sehr sauber war. Ein größerer Schreibtisch war mit Büchern über Artefaktmagie und Zeichnungen von Pentagrammen, arkanen Symbolen und zahlreichen Notizzetteln überladen. Jana hatte in einer Truhe noch mehrere Kutten aus einem groben, dunklen Wollstoff, die sie an Kiyoshi, Naghûl und auch Lereia verteilte. Einzig Sgillins schlichte, schwarze Gewänder waren für die vor ihnen liegende Mission geeignet. Der Tiefling legte die Robe ab und zog in Betracht, einfach in seinem Untergewand loszuziehen. Er musste sich jedoch eingestehen, dass selbst dieses für den Stock zu edel aussah, wenn er unauffällig bleiben wollte. Jana riet den drei in Sigil neuen Materiern, Pfützen zu meiden – nicht allein, weil sie im Stock besonders unappetitlich waren, sondern auch, weil manche Pfützen hier Portale zur Schlammebene sein konnten – und der Schlüssel war vermutlich ein hineintretender Fuß. Vielleicht einer jener vielen skurrilen Aspekte an Sigil, den man hinter vorgehaltener Hand für den schwer durchschaubaren Humor der Dame hielt. Nachdem sie nun passend gekleidet waren, setzten sie ihren Weg zum Torhaus fort, um etwas über die Morde und im Idealfall auch über Eliath zu erfahren. Kiyoshi betonte mit großem Ernst, gemäß der Tugenden des Bushido nicht lügen zu dürfen und daher keine Befragung führen zu können. Letztlich waren sich alle einig, erst einmal Jana sprechen zu lassen. Da der Stock riesig und ein Transportsystem von Rikshas oder Kutschen hier nicht vorhanden war, dauerte es noch fast zwei Stunden, ehe sie am Hauptquartier der Trostlosen ankamen. Das selbst nach planaren Maßstäben sehr alte Gebäude besaß ein geradezu titanisches Eingangstor, das von säulenartigen Gitterstäben versperrt wurde. Sie waren so groß, dass selbst ein Oger problemlos dazwischen durchgehen konnte. Man durfte sich also mit Fug und Recht fragen, wer oder was hier ursprünglich am Hinein– oder auch Herauskommen gehindert werden sollte. Vor dem Eingang befand sich ein riesiges Mosaik, das einen mit Klingen verzierten Helm zeigte. Dieses Motiv war zum Bundsymbol der Trostlosen geworden, die genaue Bedeutung war aber unbekannt. Neben dem Eingang waren mehrere lange Tische aufgestellt, die einige Bundmitglieder gerade mit wackelig aufeinander gestapelten Schüsseln und verbogenen Löffeln beluden. Jana trat an eine von ihnen heran, eine jüngere menschliche Frau mit zurück gebundenem, braunem Haar.
„Der Segen der Dame“, grüßte die Trostlose sie. „Ach, dich kenne ich doch. Du gehst ab und an hier vorbei, oder? Wohnst du in der Nähe?“
„Ja“, erwiderte Jana. „Also, nicht direkt, ich wohne ein Stück weg, komme aber oft hier vorbei. Ich kriege immer mit, wie ihr euch um die Armen hier im Stock bemüht. Und da dachte ich mir, ich könnte euch vielleicht … unterstützen.“
Naghûl verschränkte die Arme und steckte dabei die Hände in die Ärmel, während er den Kopf senkte, um sich bei all den Eindrücken und Geräuschen des Stocks besser auf das Gespräch konzentrieren zu können.
Die Trostlose nickte derweil. „Dacht ich mir's doch. Wie willst du denn helfen?“
„Ich bin Jana“, stellte die Hexenmeisterin sich nun erst einmal vor. „Ich bin euch wirklich dankbar für das, was ihr hier tut.“
Die Frau hob die Schultern. „Nicht, dass es am Ende viel ändert. Aber das ist der Sinn, den ich für mich gefunden hab.“
„Ich hab ein paar Münzen dabei“, erklärte Jana. „Und ich kann auch sicher ab und zu was zu Essen vorbeibringen.“
„Das wär ganz sicher eine Hilfe“, erwiderte die Trostlose erfreut.
„Sehr gut.“ Jana reichte der Trostlosen einen kleinen Beutel mit Münzen. „Ich hab da auch noch ein paar Fragen. Also, ich habe einen Brief bekommen, für einen gewissen … Moment … Eliath, genau. Er soll hier öfter sein, kennst du ihn vielleicht?“
Kiyoshi begann währenddessen, sehr ausführlich einen Monodron von allen Seiten zu mustern. Naghûl fand sein Verhalten zwar etwas auffällig, ließ ihn aber fürs erste gewähren und lauschte stattdessen weiter dem Gespräch.
„Eliath?“ Die Trostlose dachte kurz nach. „Hm, keine Ahnung, meine Liebe. Aber ich kenn nicht alle, die hier rumhängen beim Namen. Wie sieht er denn aus?“
„Ich weiß nicht“, entgegnete Jana. „Ich hab ja nur einen Brief. Ich nehme an, er hat nicht mal ne feste Wohnung. Es steht nur der Name und keine Anschrift hier drauf.“
Die Frau runzelte die Stirn. „Hm. Weißt du, ob er hier für uns arbeiten soll oder eher einer von denen ist, um die wir uns kümmern?“
Die Hexenmeisterin schüttelte den Kopf. „Nein, aber … Also, ich glaube, er ist eher einer von denen, um die ihr euch kümmert. Nun ja, ich werde … vielleicht mal in der Blutgrube nachfragen.“
Als das Wort Blutgrube fiel, wollte Naghûl sich schon fast in das Gespräch einschalten, wurde jedoch von dem Monodron abgelenkt, den Kiyoshi noch immer von allen Seiten musterte.
„Ich beschließe, dass ich nicht länger betrachtet werden möchte“, erklärte er mit leicht blecherner Stimme. „Da alle Monodronen gleich aussehen, macht diese eingehende Betrachtung keinen Sinn.“
Dann stakste er auf seinen dünnen Metallbeinen davon, und Naghûl machte Kiyoshi ein Zeichen, es gut sein zu lassen, deutete zu Jana, als Aufforderung stattdessen dem Gespräch zu folgen. Die Hexenmeisterin legte gerade demonstrativ den Kopf schief, ließ die Nackenwirbel knacken und gähnte leise.
„Entschuldige“, sagte sie. „Mir fehlt einfach der Schlaf. Seit diese Morde losgegangen sind, mach ich nachts kein Auge mehr zu.“
Die Trostlose jedoch war noch bei Janas vorherigem Gedankengang und schüttelte nun skeptisch den Kopf. „Die Blutgrube? Na, wenn es gar nicht anders geht ... Aber dass ich ihn nicht kenne, muss ja nicht heißen, dass keiner hier was weiß. Warum …“ Sie unterbrach sich. „Nein, das soll ein Faktotum klären.“ Und prompt drehte sie sich um und schrie sehr laut über die Schulter. „Schwarzhuf!“
Jana zuckte zusammen. „Danke“, erwiderte sie dann leise.
Schon bald hörte man ein Schnauben und Stampfen, das sich näherte. Naghûl hatte sofort eine Vermutung, die Jana offenbar teilte.
„Schwarzhuf, he?“, raunte sie der Trostlosen zu. „Ein Minotaurus?“
Tatsächlich näherte sich nun ein großer Minotaurus mit dunkelbraunem Fell und hellen, fast weißen Hörnern. Er war etwa zwei Meter siebzig groß und trug außer einem ledernen Lendenschurz aufwändig gefertigten Horn- und Körperschmuck aus Messing.
„Was brüllst du denn so?“ fragte er die Trostlose.
Er war ein durchaus beeindruckender Anblick, und Jana wurde noch etwas blasser, als sie es vor Übermüdung ohnehin schon war. Doch die Frau winkte den Minotaurus näher heran.
„Schwarzhuf, hier sind ein paar Schleifer, die nach jemandem suchen, der vielleicht mal bei uns war oder noch ist. Kannst du das mal regeln? Ich muss gleich Suppe austeilen.“
„Ja, ich mach schon“, erwiderte der Minotaurus mit einem Schnauben und wandte sich dann an die Gruppe.
„Ähm … Eliath“, erklärte Jana eingeschüchtert und zaghaft. „ Also, so heißt … der Schleifer.“
„Ach so“, brummte Schwarzhuf. „So heißt der Schleifer. Hmpf. Was wollt ihr von ihm, hm?“
Jana beschloss offensichtlich, bei ihrer ursprünglichen Geschichte zu bleiben. „Ich, also … Ich habe einen Brief für ihn gefunden, zwischen meiner Post.“
„Zwischen deiner Post?“ Der Minotaurus klang skeptisch und stapfte einen Schritt näher.
„Mhm“, erwiderte die Hexenmeisterin standhaft. „Ich dachte, vielleicht kennt ihn wer und … also, ich kann ihm den Brief vielleicht geben.“
Sgillin spürte Schwarzhufs Zweifel offenbar ebenso wie Naghûl und sah angespannt zu Jana und dem Minotauren. Dieser musterte sein Gegenüber von oben bis unten.
„Bist ein merkwürdiges Exemplar, Mensch“, stellte er dann fest. „Echt jetzt. Zu wem gehörst du?“
„Ich, ähm … zu den Athar“, erwiderte Jana rasch.
Schwarzhuf schnaubte, und an diesem kühlen Tag hingen sofort dichte, weiße Schwaden über seinen Nüstern. „Eine Verlorene, so so. Eine Verlorene.“
Jana straffte sich. „Also … kennst du einen Eliath?“
„Eliath, hm?“ Der Minotaurus schüttelte den mächtigen Kopf. „Kein Schimmer. Und du hast nen Brief für ihn? Hmpf … Ein Verrückter?“
Jana zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich meine … ihr müsstet das doch viel eher wissen, oder?“
Nun lachte Schwarzhuf tief und grollend. „Na, wenn ich ihn nicht kenn, kann ich's schlecht wissen, was? Aber angenommen, er is ein Verrückter oder war mal ein Waisenkind und war mal bei uns, dann gibt’s auch ne Aufzeichnung über ihn im Torhaus.“
„Eine Aufzeichnung im Torhaus.“ Jana nickte. „Kann ich da mit irgendwem sprechen?“
Der Minotaurus wiegte nachdenklich den Kopf. „Ich könnte Derioch bitten, nachzusehen. Aber wie ich sie kenn, wird sie mich fragen, was für uns rausspringt. Und jetzt sag nich, dass du ihm den Brief geben kannst. Ich glaub, das stellt ne Kuh … also, ne Frau, sagt ihr Menschen ja … also, ne Frau wie Derioch nich zufrieden.“
Sgillin musste sich bei dieser Ausführung krampfhaft das Lachen verbeißen, und Jana wollte schon aufbegehren.
„Eine Kuh …“ setzte sie an, begriff dann aber, dass Schwarzhuf es offenbar nicht als Beleidigung gemeint hatte. Sie nickte daher nur knapp. „Derioch, danke. Oh, und noch was. Ich hab gehört, bei diesen Morden, von denen alle reden, da soll es auch eine von uns erwischt haben. Weißt du da was näheres?“
„Ne Verlorene?“ Der Minotaurus hob die Schultern. „Ne, nichts gehört, aber mein Beileid. Hab persönlich nichts gegen euch Athar. Aber stört uns schon ziemlich diese Sache. Da grinst uns jemand eins, steckt unsere Verrückten ins Totenbuch! Echt üble Sache.“
Jana nickte. „Ja, und alle auf dieselbe Art, als wär's ein Ritual oder so.“
Erneut schnaubte Schwarzhuf laut. „Stinkt, die Sache. Echt, hab den SIGIS-Leuten gesagt, ich find's nich in Ordnung, dass das Harmonium da nix macht. Die Dickschädel sollen sich vielleicht auch mal um uns hier sorgen, nich nur um die Reichen in den Oberen. Sind da doch alle so Paladine und so … Echt mal.“
Seine Verärgerung war deutlich sichtbar und klar herauszuhören. Kiyoshi schnaufte, als er diese Worte hörte, doch Lereia sah sich zu ihm um und legte beschwichtigend den Zeigefinger auf den Mund. Jana hingegen nickte zustimmend, hielt sich aber mit Kommentaren zurück.
„Kennst du wen, der da was Näheres weiß?“ fragte sie den Minotauren. „Ich hör überall nur vage Gerüchte, das macht mich ganz wahnsinnig.“
„Tja, bin nicht sicher“, erwiderte Schwarzhuf seufzend. „Vielleicht in der Leiche oder in der Blutgrube. Da hört man ja den meisten Plausch.“
Lereia ging derweil einen Schritt zurück und legte ihre Hand beruhigend auf Kiyoshis Unterarm.
„Die Blutgrube.“ Jana nickte. „Danke, Schleifer, ich bring euch in den nächsten Tagen was Anständiges zum Austeilen. Also, zum Essen.“
Sie wollte sich schon abwenden, als Schwarzhuf sie aufhielt.
„Moment, was ist nun? Sollen wir nachsehen?“
Jana drehte sich wieder um. „Hm?“
Der Minotaurus schüttelte den Kopf. „Ob Derioch in unseren Aufzeichnungen nachsehen soll, merkwürdige K … Frau.“
„Ach so.“ Jana blinzelte. „Ja bitte, seht nach und fragt auch nach der Gegenleistung.“
Schwarzhuf legte die Stirn in Falten und blickte über Jana hinweg zu Naghûl. „Ist sie verrückt?“ fragte er. „Also, soll ich sie mit rein nehmen?“
„Kommt nicht in Frage!“ protestierte Jana.
Der Tiefling seufzte. Bei Janas wirrer Gesprächsführung konnte er dem Trostlosen die Frage nicht ganz verdenken.
„Nein, nein“, beschwichtigte er daher rasch. „Sie ist nur nervös wegen der Morde.“
„Ja“, bestätigte die junge Frau. „Ich habe sehr schlecht geschlafen.“
Schwarzhuf musterte Jana nochmals eingehend, nickte dann aber. „Aha. Also, die Gegenleistung … ich sag mal ... in Eigenverantwortung, oder wie Sruce das immer nennt … Findet was über die Morde raus und wir finden was über euren Eliath raus.“
„Einverstanden“, erklärte Jana. „Wir kommen wieder, wenn wir was herausgefunden haben.“
„Also gut“, brummte der Minotaurus. „Dann sag ich Derioch, sie soll ihre Nase in die Bücher stecken.“
„Danke!“ erwiderte die Hexenmeisterin und kehrte dann zur Gruppe zurück, die nur wenige Schritte hinter ihr stand.
Schwarzhuf hingegen stapfte zum Eingang des Torhauses zurück. Naghûl blickte ihm nach, musterte dabei das beeindruckende Gitter, die großen Zacken, die sich darüber in den fahlgrauen Himmel reckten … und stockte. Da war es wieder ...
„Ich sehe was, was ihr nicht seht“, erklärte er, ohne den Blick vom Tor abzuwenden.
Lereia sah auf. „Oh. Wo?“
„Über dem Eingang des Torhauses“, erklärte der Sinnsat und deutete hinauf.
„Und was steht da?“ wollte Sgillin wissen.
„Jaa, das würdet ihr gerne erfahren“, scherzte Naghûl, merkte aber, dass die anderen für derartige Neckereien gerade nicht allzu empfänglich waren und räusperte sich. „Elf“, antwortete er dann ernster. „Eine Elf.“
Lereia zückte ihr Büchlein und notierte es, während Sgillin den Kopf schüttelte.
„Das ist genauso undurchsichtig wie alles andere auch“, kommentierte er.
„Es war bisher nur im Haus der Visionen und bei zwei Bünden“, gab Lereia zu bedenken. „Vielleicht gibt es diese Zeichen auch an anderen Bundhäusern.“
Der Halbelf nickte. „Stimmt, wir könnten mal die Bundhäuser abklappern.“
„Aber erst sollten wir uns um Eliath kümmern“, warf Jana ein. „Also, wir können in der Blutgrube nachfragen, da hört man immer viel. Aber … sie ist das, wonach sie sich anhört, und ich möchte da eigentlich nicht unbedingt hingehen.“
„Das klingt auch nicht wirklich einladend“, stellte Lereia etwas nervös fest. „Muss ich da auf etwas achten?“
Naghûl hob die Schultern. „Nicht den Kopf verlieren und nirgends unterschreiben?“
„Und vor allem ruhig bleiben, auch wenn wir beleidigt werden“, fügte Jana hinzu und sah dabei zu Kiyoshi. „Außerdem müssen wir dazu über den Nachtmarkt.“
Naghûl seufzte tief. Über den Nachtmarkt. Mit einem Harmoniums-Soldaten. Mit einem frisch gebackenen, in der Stadt der Türen gänzlich unerfahrenen Harmoniums-Soldaten. Nun, das würde zweifellos eine interessante Erfahrung werden …
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gespielt am 18. Februar 2012




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